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Sollen Nichtjuden den Juden in Israel dienen?

#1 von Yavuz Özoguz , 31.10.2024 21:05

Sollen Nichtjuden den Juden in Israel dienen?

Was hier als Frage über einem Artikel formuliert wurde, läuft Gefahr als antisemitisch diffamiert zu werden, noch bevor man den dazugehörigen Artikel gelesen hat. Aber nur einmal angenommen, es gäbe hochrangige Rabbiner in Israel, die der Meinung sind, dass Nichtjuden Juden zu dienen haben und jemand, wie meine Wenigkeit, würde das schreiben, was wäre dann menschenverachtender: Die Vorstellung der hochrangigen Rabbiner oder die Tatsache, dass ihre Ansicht publik gemacht worden ist unter einem Volk, dessen Eliten es zur Staatsräson erklärt haben, jedes Verbrechen der israelischen Eliten zu decken?



Ein Problem bei der Aufarbeitung mancher jüdischen Vorstellungen ist die deutsche Geschichte. Während es im angelsächsischen Sprachraum hinreichend Quellenmaterial zu dem Thema gibt, ist in deutscher Sprache so gut wie nichts seriöses auffindbar. Insofern kann bereits im Vorfeld festgestellt werden, dass deutsche Schreiber – zumeist wohl in Furcht vor der Antisemitismuskeule – einige unmenschliche Ansichten, die im missbrauchten Namen des Judentums von hochrangigen Rabbinern verbreiten werden, schlichtweg zu verheimlichen suchen.

Dieses außergewöhnliche Phänomen lässt sich sehr anschaulich an den Wikipedia-Berichten über Rabbi Yitzhak Yosef darstellen. Im deutschen Wiki steht über ihn fast gar nichts außer, dass er bis Mitte 2024 sephardischer Oberrabbiner in Israel war, also einer der zwei höchsten religiösen Würdenträger des Landes! Das war‘s. Mehr ist über den 1952 geborenen Oberrabbiner für Deutsche nicht zu erfahren [1]. Ganz anders die englische Seite dazu. Es lohnt, eine Passage daraus ins Deutsche zu übersetzen: „Im März 2016 forderte Yosef religiöse Juden auf, ihre Kinder von säkularen oder traditionellen Familienmitgliedern fernzuhalten, da diese einen negativen Einfluss haben könnten. Später in diesem Monat, als Gadi Eisenkot, der Stabschef der israelischen Verteidigungskräfte (IDF), dem Militärpersonal sagte, dass die Einsatzregeln das Gesetz respektieren müssen und Soldaten keinen Angreifer töten sollten, der bereits überwältigt wurde, sagte Yosef, dass Soldaten jeden töten müssten, der zu ihnen komme und sie angreife, ungeachtet rechtlicher oder militärischer Konsequenzen. Später sagte er: „Wenn sie kein Messer mehr haben, müssen sie lebenslang ins Gefängnis gesteckt werden, bis der [jüdische] Messias kommt und sagt, wer Amalekiter sind, und dann können wir sie töten.“ Er sagte auch, dass nach jüdischem Recht Nichtjuden „nicht im Land Israel leben sollten“ – es sei denn, sie praktizieren die Sieben Gesetze Noahs, eine Reihe universeller moralischer Gesetze. Sollten sie sich weigern, sollten sie nach Saudi-Arabien geschickt werden. Er fügte hinzu, dass es Nichtjuden in Israel erlaubt sei, der jüdischen Bevölkerung zu dienen. … Im Mai 2017 verglich Josef weltliche Frauen mit Tieren, weil sie sich unanständig kleideten. … Am 18. März 2018 verglich Yosef angeblich Menschen schwarzafrikanischer Abstammung mit Affen. … Nach der Nachricht, dass Paare aus der ehemaligen Sowjetunion von rabbinischen Gerichten aufgefordert wurden, DNA-Tests durchzuführen, um ihre jüdische ethnische Abstammung nachzuweisen; Yosef suchte zusammen mit dem aschkenasischen Oberrabbiner Israels, David Lau, nach einer neuen Gesetzgebung, die es israelischen Rabbinergerichten ermöglichen würde, die jüdische Zugehörigkeit einer Person anzufechten – selbst wenn diese nicht einmal zur Ehe angemeldet war und sich nicht um religiöse Dienste bewarb. … Im Januar 2020 wurde er kritisiert, weil er Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion als „kommunistische, religionshassende“ Nichtjuden bezeichnete.“ [2] Der Text – daran sei erinnert – ist nur die detusche Übersetzung des englischen Eintrags über ihn. Es handelt sich hierbei nicht um die Ansichten irgendeines religiösen Spinners in Israel, sondern um die Ansichten des höchsten sephardischen Oberrabbiners bis Mitten dieses Jahres. Aktuell ist es sein Bruder.

Der höchste aschkenasische Rabbiner Israels war bis vor kurzem David Lau. Aktuell ist die Position nicht besetzt. Die deutschen Informationen über Lau [3] sind genauso mager wie über Yosef. Fast scheint es so, dass Deutsche über Juden nicht schreiben dürfen. Im englischen Wiki sieht es da ganz anders aus [4]. In seiner ersten Amtswoche als Oberrabbiner Israels bezeichnete Lau Afroamerikaner, die in israelischen Mannschaften Basketball spielten, als Kuschim. Obwohl es sich im biblischen Kontext auf das alte Königreich Kusch bezieht, gilt es derzeit als abwertende Bezeichnung für Schwarze. Die Liste seiner Verfehlungen gegen Nicht-Juden (aber auch gegen Juden) ist so lang, dass es hier den Rahmen sprengen würde. Das sind die zwei höchsten Würdenträger des Landes, dessen Schutz deutsche Staatsräson ist.

Es gibt aber auch andere Rabbiner im Land: Rabbi Yitzhak Ginsburgh ist ein bekannter Chabad-Rabbiner und Mystiker, der in Israel lebt. Ginsburgh hat die Überzeugung geäußert, dass Juden eine einzigartige spirituelle Essenz besitzen, die sie von Nichtjuden unterscheide und ihnen eine besondere Rolle verleihe. Zu Ginsburghs Schülern gehört die sogenannte Hilltop Youth – Scharen jüdischer Teenager, die auf den Hügeln im Westjordanland umherstreifen und Palästinenser durch Vandalismus, Brandstiftung und sogar Mord einschüchtern [5]. Die Besonderheit der deutschen Staatsräson erlaubt es nicht, solche Dinge in einem größeren Rahmen anzusprechen. Jeder Journalist oder Fernsehmoderator, der auf die Idee käme, darüber zu berichten, sollte zuvor Ausschau nach einem anderen Beruf halten.

Fairerweise muss ergänzt werden, dass viele andere – aber weniger einflussreiche – Rabbiner in der heutigen Zeit moderate Ansichten vertreten und Respekt und Gleichwertigkeit zwischen Juden und Nichtjuden unterstreichen. Allerdings darf von den zwei höchsten Repräsentanten des jüdischen Glaubens in der Welt sicherlich auch auf die heutige Realität geschlossen werden. Doch wenn die zwei bedeutendsten Rabbiner des Landes, das Deutschland gerade bei Kriegsverbrechen und dem wohl am besten dokumentierten Völkermord unserer Zeit mit Geld und Waffen unterstützt, Ansichten vertreten, bei dem jeder nichtjüdische Deutsche eine Art Untermensch ist, stellt sich die Frage nach der Macht der zionistischen Lobbyorganisationen in Deutschland.

In Deutschland liegen solche Studien nicht vor und es wird sie wohl in absehbarer Zeit auch nicht geben, denn das würde die deutsche Staatsräson schwächen. Anders in den USA: John Mearsheimer, Professor für Politikwissenschaft an der Universität von Chicago, und Stephen Walt, Professor an der Harvard Kennedy School, veröffentlichten 2006 den einflussreichen Artikel und später das Buch "The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy" [6]. Darin argumentieren sie, dass die pro-israelische Lobby in den USA, insbesondere Organisationen wie das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), erheblichen Einfluss auf die US-Außenpolitik ausübe und diese oft in einer Weise lenke, die nicht im besten Interesse der USA liege. Laut Mearsheimer und Walt trägt die Lobby dazu bei, dass die USA Israel gegenüber bevorzugte und einseitige Positionen einnehmen, insbesondere im Nahost-Konflikt. Mearsheimer und Walt behaupten, dass diese Lobby sowohl politische Entscheidungsträger als auch die öffentliche Meinung beeinflusst, indem sie bedeutende Ressourcen für Lobbyarbeit, Medienkampagnen und die Unterstützung bestimmter politischer Kandidaten bereitstellt. Die Autoren argumentieren, dass dieser Einfluss zu einer verzerrten Außenpolitik führt, die die USA unter anderem in teure und risikoreiche militärische Engagements verwickelt, während berechtigte Kritik an Israel häufig unterdrückt wird.

Ihre Arbeit stieß auf starke Reaktionen, sowohl Zustimmung als auch Kritik. Während einige den Einfluss der Israel-Lobby als problematisch betrachten, werfen Kritiker Mearsheimer und Walt vor, ein einseitiges und übertriebenes Bild zu zeichnen und antisemitische Stereotype zu bedienen.

Wenn die Macht jener Lobby so groß ist, dass sie die Außenpolitik der größten Militärmacht der Welt gegen die Interessen des eigenen Staates beeinflussen kann, wie ist es dann erst in Deutschland? Es ist davon auszugehen, dass jene Macht auch in Deutschland sehr groß ist und sicherlich noch lange Zeit wirkungsvoll geblieben wäre, wenn die Machthaber nicht so extrem übertrieben hätten. Inzwischen ist jede Kritik an den Verbrechen Israels Antisemitismus, so dass es gar nicht mehr irgendetwas Besonderes ist. Und jene Lobby hat die Parteien Willy Brandts und Petra Kellys dazu gebracht, zu den größten Kriegstreibern in Deutschland zu mutieren, so dass alle friedliebenden sich von jenen Parteien abwenden. Es ist wie eine Hybris, wozu Gideon Levy schreibt: „Die Geschichte ist voll von machtbesoffenen Ländern, die es nicht verstanden haben, rechtzeitig aufzuhören. Israel nähert sich diesem Ziel.“ [7]

Das Ende des letzten europäischen Kolonialprojektes hat sich mit fürchterlichen Verwerfungen angekündigt. Es wird sicherlich noch viel schmerzhafter werden, als es ohnehin schon ist. Bei dem anhaltenden Gaza-Völkermord kann man noch nicht einmal beten: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. Es gibt keinen Völkermord auf Erden, bei dem so viele Menschen – auch in Deutschland – genau wissen, was dort geschieht und sie wissen auch, dass Deutschland jenes Massaker unterstützt. Ich bin aber immer wieder verwundert über Menschen, die nicht weiter als bis zu ihrer eigenen Nasenspitze denken können. Denn wohin soll die aktuelle Politik führen?

Vor dem Gaza-Massaker hatte die Hamas in Palästina vielleicht zehntausend, vielleicht maximal hunderttausend Anhänger. Heute ist jeder Palästinenser auf der Welt ein Hamas-Sympathisant und hasst Juden, die die israelische Politik stützen, abgrundtief. Vor dem neuerlichen Gaza-Massaker wurden die Hizbullah-Anhänger im Libanon auf höchstens eine Million geschätzt, also ein siebtel oder achtel der Bevölkerung. Heute steht mehr als die Hälfte der libanesischen Bevölkerung auf der Seite der Hizbullah, darunter auch Christen. Vor dem neuerlichen Massaker war es einigen mit westlicher Unterstützung ihr eigenes Volk unterdrückenden Machthabern in der Region gelungen, eine Art Friedensplan mit Israel der eigenen Bevölkerung zu verkaufen. Heute müssen jene Machthaber aufpassen, dass die Wut der Bevölkerungen gegen Israel nicht auch sie mit wegfegt. Vor dem Gaza-Massaker war es der Westlichen Welt gelungen durch geschickte Schachzüge in Syrien die sunnitische Welt von der schiitischen zu spalten. Die Unersättlichkeit US-amerikanischen Öl-Durstes gepaart mit den Hegemonialträumen der USA und Israels nach einem Groß-Israel haben selbst diesen Vorteil zerstört. So viele Feinde hat Israel seit der Staatsgründung nicht gehabt. Es sind alles Feinde der eigenen Politik. Und ein Staat, der behauptet seinen jüdischen Bewohnern die sicherste Heimstatt zu liefern, und tatsächlich den für sie unsichersten Ort auf Erden erwirkt, kann nicht lange existieren.

Die Hasswelle, die sich in der gesamten Welt gegen Juden zusammenbraut, erscheint bereits jetzt schon fürchterlich. Auch die Radikalisierung vieler Jugendlicher in Deutschland ist nicht zu übersehen. Schuld daran tragen die deutsche Bundesregierung und zahlreiche sogenannte Antisemitismusbeauftragte, die einerseits nahezu sämtliche großen schiitischen Moscheen in Deutschland verboten haben, die stets mäßigend auf die Muslime gewirkt hatten, und andererseits jedes aber auch wirklich jedes Verbrechen von Zionisten auf die eine oder andere Art und Weise gerechtfertigt haben.

Es ist genau ein Jahr her, dass meine Wenigkeit die Frage aufgeworfen hat: „Wer schützt Juden, wenn der Zionismus untergeht?“ [8] Damals war es meine Hoffnung, dass es genau jene Muslime aus jenen Moscheen sein würden, die den ungezügelten und undifferenzierten Hass auf alles, was jüdisch ist, bremsen würden. Denn genauso, wie heute undifferenziert jedes Verbrechen von Zionisten verharmlost oder gar gerechtfertigt wird (man denke da nur an die sogenannte Siedlerbewegung), genauso undifferenziert könnte das Pendel zurückschlagen, wenn die Verbrechen nicht mehr gerechtfertigt oder vertuscht werden können. Vieles deutet darauf hin, dass jene Zeit nicht mehr in all zu ferner Zukunft liegt. Nur, jene mäßigenden Moscheen sind inzwischen fast allesamt verboten, die Schiiten im Land werden verfolgt. Und die Philosemiten werden ihrer Zwangsliebe einen Laufpass geben, wenn sie sie nicht mehr lieben müssen. Ich weiß nicht, ob es schon zu spät ist für eine Umkehr. Auch verstehe ich nicht, warum der internationale Zionismus anders als in allen Jahren zuvor inzwischen alles auf eine Karte gesetzt hat [9] und keine einzige Hintertür offen bleibt. Aber das müssen die Anhänger des Zionismus unter sich klären. Für mich als Deutschen bleibt die Frage: Warum müssen wir auch im Dritten Weltkrieg auf der falschen Seite der Geschichte stehen? Vielleicht liegt die Antwort in einem Video, das unser aller Verantwortung als Deutsche beschreibt [10]. Mögen wir unserer Verantwortung gerecht werden.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Jitzchak_Josef
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Yitzhak_Yosef
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/David_Lau
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/David_Lau
[5] https://forward.com/news/352016/the-kabb...rchy-in-israel/
[6] https://en.wikipedia.org/wiki/The_Israel..._Foreign_Policy
[7] https://uncutnews.ch/die-hybris-ist-zuru...r-katastrophen/
[8] Wer schützt Juden, wenn der Zionismus untergeht?
[9] Warum setzten Zionisten alles auf eine Karte?
[10] https://www.youtube.com/watch?v=brHek2G3bVY


Yavuz Özoguz  
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zuletzt bearbeitet 01.11.2024 | Top

RE: Sollen Nichtjuden den Juden in Israel dienen?

#2 von Dr.Josef Haas , 01.11.2024 10:34

Selten hat mich ein Beitrag innerlich so bewegt und aufgewühlt wie dieser. Und dabei habe ich ja inzwischen schon viele Ihrer
Darstellungen, lieber Herr Dr. Özoguz, gelesen. Da Sie hier wirklich alles nennenswerte überzeugend genug ins Blickfeld gerückt
haben, kann und will ich mir hier eigene Ergänzungen sparen. Das einzige, was von meiner Seite aus dennoch hinzugefügt werden
soll und muss, ist der Hinweis auf die immer noch sehr mangelhafte Solidarität der islamischen Welt mit dem palästinensischen Volk.
Darauf wurde von mir an dieser Stelle schon verschiedentlich hingewiesen. Allein diese wäre ja geeignet, ihm wirksame Hilfe zukommen
zu lassen. Aber genau daran fehlt es leider mehr denn je, wobei ich kaum Hoffnung habe, dass sich an dieser so traurigen Tatsache etwas
ändern wird.

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