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RE: Warum leben wir?

#16 von Dörte Donker , 29.01.2015 13:04

Der Schöpfer ist also nur ein Schöpfer, wenn er schöpferisch ist. Schöpfung wird zum Ausdruck Gottes und wir können ihn in seiner Schöpfung erkennen, also ist es letztendlich Ausdruck seiner selbst und mit unseren Erkennen gehen wir eine Wechselwirkung mit dem Schöpfer ein, die so weit geht, dass wir zum Statthalter Gottes werden können. Im Koran ist immer wieder der Aufruf Gott in seiner Schöpfung zu erkennen. Trotzdem kann man auch hier die Frage stellen, warum Gott nicht einfach ALL-EINs geblieben ist und überhaupt geschöpft hat, wenn er diese nicht benötigt. Er hätte es also lassen können und wir würden uns an dieser Stelle keine Gedanken darüber machen. Also müssen wir davon ausgehen, dass genau diese Wechselwirkung von Gott gewollt ist.


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RE: Warum leben wir?

#17 von Dörte Donker , 29.01.2015 13:39

Noch einen Gedanken. Seit der Mensch ist, macht er sich Gedanken über das Wesen Gottes. In der jüdischen Philosophie hat man sich darauf geeinigt, Gott in allem zu erkennen, was er nicht ist, ihn also letztendlich zu negieren. Meines Erachtens auch nicht der richtige Weg.
Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass alle Motivationen, die wir Gott unterstellen nur durch uns selbst auf ihn projizieren. Also wir interpretieren unsere Eigenschaften in Gott hinein, was auch nur begrenzt möglich ist.
Dann haben wir die Möglichkeiten uns an Offenbarungen zu halten, wie dem Koran und finden darin manchmal zu einfache Antworten, wie es scheint. Wenn man diese Antworten zuende denkt, erkennt man aber die Wahrheit darin. Ich sage dann, dass diese einfache Antwort, nämlich dass wir erschaffen wurden, um Gott anzubeten und sein Statthalter zu sein, sowohl für die einfache wie auch für die umfangreiche Seele die Antwort ist und wir hier nur anerkennen müssen, was ist. Und in meinen Augen ist der Koran so aufgebaut: für die einfache Seele Anleitung und Ermahnung, für die komplizierte Seele immer währende Inspiration.


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RE: Warum leben wir?

#18 von Dörte Donker , 29.01.2015 14:19

Und dann sind wir auch bei der Liebe Gottes. Meines Erachtens war unsere irdische Schöpfung auch ein Akt der Liebe. Manche nennen es Gnade, für mich ist Liebe passender. Und dann würde auch der Mensch eben aus dieser Liebe erschaffen, wie es auch nur Liebe sein sollte, die den Menschen durch uns hervorbringen soll. Unter Gande können wir die wohlwollende und freiwillige Hinwendung verstehen, für mich ist das auch Liebe.


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RE: Warum leben wir?

#19 von Yavuz Özoguz , 29.01.2015 20:08

Zitat
Meines Erachtens war unsere irdische Schöpfung auch ein Akt der Liebe.


Und was noch? Und was hat Gott davon? Wenn wir sagen, dass er vorher "allein" war in dem Sinn, dass Er sich einsam gefühlt hat, dann hätte er einen "Mangel" gehabt und dann hätte es etwas gegeben "Das Nichtalleinsein", dass er nicht hatte. Damit gäbe es etwas neben Ihm. Warum sollte es überhaupt nur einen Gott geben und nicht mehrere?

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RE: Warum leben wir?

#20 von Dörte Donker , 30.01.2015 00:13

Ich sehe das nicht unbedingt als Mangel, wenn der Schöpfer schuf, aus welchem Grund auch immer. Es ist eher eine Fähigkeit und diese entspringt keinem Mangel.
Ich sagte auch, dass wenn wir die Frage beantworten wollen, menschliche Attribute annehmen müssen. Das Schöpferische ist aber ein universelles Prinzip und alles was geschöpft wurde ist eine Ausstrahlung Gottes, ein Teil seiner Selbst. Er ist jetzt nicht mehr ALL-EIN, sondern Über-ALL. Er hat sich mit seiner Schöpfung ausgedrückt und wir sind diejenigen, die ihn in seiner Schöpfung erkennen und in der Ordnung, die dieser zu Grunde liegt. Dann kann man fragen, weshalb will er, dass wir ihn erkennen. Wollen wir das wieder ein menschliches Attribut für finden, oder an dieser Stelle anerkennen was ist.

Zitat
Warum sollte es überhaupt nur einen Gott geben und nicht mehrere?


Ich sehe das wir folgt. Wenn man das Wesen des Polytheismus studiert hat, fällt auf, dass viele dieser Polytheisten einen Gott als Schöpfer hatten, der aber oft nicht näher benannt wurde und über den sogenannten Göttern stand. Man muss hier ein wenig in der kulturelle Entwicklung forschen. Der Mensch der Steinzeit war sehr in der irdischen Welt verhaftet und die Einflüsse der Natur prägten sein gesamtes Leben und waren auch bestimmender Faktor für das Überleben. Also ersannen die Menschen Schutzmächte, die den Menschen gegen die Urwüchse der Natur schützen sollten (bei den Germanen sind die Götter ständig im Kampf mit den Riesen und versuchen die Menschen vor den Naturgewalten (Riesen) zu schützen). Als der Mensch seine kulturelle Entwicklung zunehmend unabhängig von der Natur gestalten konnte, rückten diese Schutzgeister (Götter) in den Hintergrund und der Hervorbringer, der Schöpfer trat in den Vordergrund. Vorher fungierten diese Schutzgeister (in meinen Augen Djinns) auch als Mittler zu dem Hervorbringer GOTT. Sie traten aber Stück für Stück in den Hintergrund und der eine Gott wurde wichtig, den es vorher aber immer gab. Im Christentum haben wir noch einen Mittler zu dem Schöpfer (daher sagen die Christen auch, dass es keinen Weg zum Vater gibt, als über den Sohn), es ist in meinen Augen eine Übergangsreligion. Da der Mensch immer mündiger und hoffentlich auch geistig freier wird, wird er m.E. auch in Zukunft in der Lage sein, ganz auf diese Mittler zu verzichten und den Schöpfer direkt anzubeten. Darum kann man den Islam, wie er sich selbst versteht, als letzte Offenbarung sehen.


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RE: Warum leben wir?

#21 von Dörte Donker , 30.01.2015 09:23

Man könnte noch ein Argument einführen, warum es nicht mehrere Götter gibt. Meines Erachtens steht es aber etwas auf wackeligen Beinen.
Man könnte sagen, dass die Perfektion der Schöpfung es ausschließt, dass mehrere daran beteiligt waren, nicht dass sie dass nicht hätten schaffen können, wir Menschen arbeiten ja auch in Projekten an einer Sache und stellen zum Beispiel einen neuen Mercedestyp her, aber bei dem Großprojekt Universum aus dem Nichts hätte sich die Göttertruppe sicher zerstritten, und jeder hätte nur seine Ecke kreiert oder sie hätten sich gegenseitig übertreffen wollen, was auch dazu geführt hätte, dass es diesen gesetzlichen Gleichklang im Universum nicht gibt. Alles lässt sich konsequent auf eines zurück führen und überall finden wir die gleichen universellen Gesetze und Prinzipien.


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RE: Warum leben wir?

#22 von Yavuz Özoguz , 30.01.2015 09:31

Liebe Frau Donker,

Meistens nehmen Sie in Ihrer weisen Ahnung und Wissen schon viele Antworten vorweg, nach denen wir noch gar nicht gefragt haben. Lassen Sie beide uns (so lange leider andere nur lesen) Folgendes machen. Sie sind Mensch, ich bin Mensch. Wir beide sagen: Das ist das EINZIGE was wir wirklich als "Wissen" bezeichnen zusammen mit allen "Erfahrungen" wissenschaftlicher Art, die uns bekannt sind und über die es wenig ZWeifel gibt (also nichts Metaphysisches). Jetzt gehen wir zurück von uns aus bis zum Urknall und fragen immer weiter. Was, woher, wie usw.. . Wir stellen die Frage nach der Ursache des Urknalls. Und warum sollte sie überhaupt eine Ursache haben? Es gibt großgemacht Wissenschaftler, die einfach behaupten, das Universumm sei "Gott" und es würde ewig exitieren. Wie begenen wir denen? Ich sehe nur eine einzige Chance. Wir müssen uns zunächst von dem Begriff "Gott" trennen. Wir sagen klipp und klaar: "Es gibt keine Gottheit". Das ist unser Ausgangspunkt! Lassen Sie uns einfach von der Ursache sprechen. Wir befinden uns sozusagen auf der Suche nach der Ur-Ursache. Dazu gibt es einige Fragen, die sich zusammenfussen lassen in "Welche Eigenschaften müsste die "Ur-Ursache" haben, damit sie wirklich "Ur-Urdache" sein kann. Womit begründen wir das und warum muss es überhaupt eine Ur-Ursache geben?

Erneut möchte ich die anderen Schreiber motivieren, hier ihre Beiträge dazu zu schreiben. Selbst wenn man das Ergebnis kennt, kann man ja bei den Detailfragen durch seine Formulierung (und ggf. die Nachfragen anderer) seine eigene Argumentation weiter verfeinern. Außerdem würde jeder auch mir helfen, mein Verständnis und meine Argumentation zu verfeinern. Lassen Sie uns daher auf die folgenden zwei aneinander gekoppelten Fragen konzentrieren:

Welche Eigenschaften müsste die "Urursache" haben, damit sie wirklich "Urursache" sein kann und warum?

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RE: Warum leben wir?

#23 von Cengiz Tuna , 30.01.2015 10:43

@Dörte Donker

Zitat
Warum Gott sich entschloss Schöpferisch zu sein, weiß ich nicht. Aber warum sollte er dann vorher nicht ALL-ein gewesen sein und von etwas getrennt gewesen sein, eigentlich hat er durch seinen Schöpfungsakt alles von sich getrennt ?[...] Ja, ich postuliere, dass Gott erschaffen hat, um sich selbst in seiner Schöpfung zu spiegeln und den Menschen, wenn geschrieben steht, damit wir ihn anbeten, damit er sich durch uns als einen Teil seiner Selbst erkennen kann und wir uns durch ihn. [...]


So in der Art versuchen es einige Sufis zu erklären:

Ich war ein verborgener Schatz, und Ich sehnte mich danach erkannt zu werden; also schuf Ich die Welt (Hadith Kudsi des Propheten Mohammed (saw.)

Ist zwar nicht ganz richtig, aber trotzdem schön.

Zitat

Welche Eigenschaften müsste die "Urursache" haben, damit sie wirklich "Urursache" sein kann und warum?


Die Ur-Ursache dürfte keinen Grund für eine weitere Ursache geben. Sonst würde das nicht enden. Mann sagt der Urknall wäre für die Erschaffung der Welt verantwortlich. Dann stellt sich aber die Frage, wie kam der Urknall zustande. Das wird dann wieder damit erklärt, dass der Urknall aus einer Ursuppe entstand. Dann stellt sich aber die Frage, wie ist die Ursuppe enstanden usw. Das hört nie auf.

Die Ur-Ursache dürfte also nicht den Gesetzmäßigen unterworfen sein, denen wir und die Welt unterworfen sind. Die Ur-Ursache dürfte also keinen Anfang und kein Ende haben. Nicht in Raum und Zeit gefangen sein, aber wiederum auch nicht davon getrennt usw.

Imam Ali (a.s.) hat das sehr wundervoll beschrieben:

[...] Die Vervollkommnung der Aufrichtigkeit Ihm gegenüber liegt darin, Ihm keine Eigenschaften zuzuschreiben, denn jede Eigenschaft zeugt davon, dass sie nicht der Beschriebene ist, und alles Beschriebene zeugt davon, dass es anders als die Eigenschaft ist. Denn wer ALLAH, Den Erhabenen, beschrieben hat, hat Ihn bereits (mit dieser Eigenschaft) verbunden, und wer Ihn (damit) verbunden hat, betrachtet Ihn als Zwei, wer Ihn als Zwei ansieht, hat Ihn geteilt, und wer Ihn geteilt hat, kennt Ihn nicht, und wer Ihn nicht kennt, hat auf Ihn gezeigt. Wer auf Ihn gezeigt hat, hat Ihn begrenzt, und wer Ihn begrenzt hat, hat Ihn gezählt. Wer gesagt hat, worin Er (enthalten) ist, behauptet, dass Er (in irgendetwas) enthalten ist, und wer sagt, wovon Er abgehalten wird, hat jenes von Ihm frei gemacht. Er existiert [ka´in], doch ohne irgendetwas, was Ihn in die Existenz gebracht hat, (und) Er existiert, doch nicht aus der Nicht-Existenz heraus. Er ist mit allen Dingen, doch nicht (mit ihnen) verbunden, und Er ist anders als alle Dinge, doch ohne (von ihnen) getrennt zu sein.
Er handelt, doch nicht im Sinne von Bewegung und Werkzeugen, Er ist Sehend, selbst wenn es nichts (von Ihm) gibt, was von Seinen Geschöpfen gesehen wird. Er ist Der Einzige, so dass es niemanden gibt, mit dem Er Gesellschaft hält und keinen, aufgrund dessen Verlustes Er sich einsam fühlt.[...]

[...] Er hat die Geschöpfe als wunderbare Schöpfung erschaffen, und Er begann sie von Beginn an, ohne Erwägung von Nachdenken, ohne Erfahrung, von der Er profitierte, ohne eine Bewegung zu initiieren, und ohne irgendeine Inspiration der Seele zu erfahren. […]

Edit: nachträglich auf das Wesentliche gekürzt.

Aus Nahdsch-ul-Balagha - Pfad der Eloquenz - die Predigten Imam Alis (a.s):

http://www.eslam.de/manuskripte/buecher/...001_predigt.htm


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zuletzt bearbeitet 30.01.2015 | Top

RE: Warum leben wir?

#24 von Yavuz Özoguz , 30.01.2015 11:10

Wir sind also bei unserer Diskussion an der Stelle angekommen zu sagen: "Es gibt keine Gottheit außer der Ur-Ursache". Aber haut das hin?

Imam Alis (a.) Zitat ist wirklich ein wunderschönes Zitat, aus dem wir sehr viel lernen können! Versuchen wir nun, diese Dinge für unser Verständnis begreiflich zu machen mit Fragen dazu. Ich schlage dazu anfänglich folgende zwei Fragen vor:

- Da als eine Eigenschaft der Ur-Ursache die "Ewigkeit" genannt wurde, stellt sich die Frage, ob denn die Zeit "neben" Gott eine Existenz ist? Denn wenn die Ur-Ursache alle Zeiten existiert hat und existiert, dann existiert auch die Zeit ewig. Wie ist das zu verstehen? Ist Gott eine Art Zweieinigkeit aus sich und der Zeit?

- Was spricht dagegen, dass die Ur-Ursache selbst aus dem "Nichts" entstanden ist?

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RE: Warum leben wir?

#25 von Janosch Moser , 30.01.2015 13:11

Zunächst: Ist der Terminus 'Ur-Ursache' wirklich sinnvoll? Führt eine 'Steigerung' des Begriffes der 'Ursache' nicht zwangsläufig in einen infiniten (bzw. indefiniten) Regress, solange man sich im Rahmen der klassischen Logik bewegt? Und verlässt man die klassische Logik mit ihren drei Grundaxiomen ('Satz der Identität', 'S. d. Widerspruchs' und 'S. d. ausgeschlossenen Dritten'), dann erübrigen sich sowieso derartige 'Kausal'-Hierarchien und es bleibt nur noch das (im Optimalfall bewusste, andächtige) Schweigen.

Wollen Menschen aber in der materiellen Welt miteinander kommunizieren, sind sie eben scheinbar zwangsläufig auf die Dogmen der klassischen Logik angewiesen, indem diese Dogmen (wenn auch ganz unbewusst) als 'gemeinschaftlich anerkannte Vorannahmen' vorausgesetzt werden.
Aber diese Dogmen sind im Prinzip willkürlich gewählt, lediglich scheinen sie sich 'evolutionär' aus dem menschlichen Kommunikationsverhalten herausentwickelt zu haben als die notwendige (oder vielleicht 'nur': 'eine MÖGLICHE'?!) Grundlage der Kommunikation (und zumindest mittelbar wurden diese logischen Dogmen damit auch zur Grundlage einer jeden menschlichen 'Weltsicht' überhaupt, die irgendeine 'Objektivität' beanspruchen will - zumindest die nicht-beweisbare These 'es gibt eine objektive Realität außerhalb meiner subjektiven Wahrnehmung' muss nämlich am Anfang eines jeden individuellen Erkenntnisstrebens stehen, wenn die daraus gewonnen Erkenntnisse sinnvoll den Mitmenschen mitgeteilt werden sollen; denn ohne den anfänglichen - wohlgemerkt logisch-unbegründbaren - 'Objektivitäts-Glauben' kann seitens des Erkennenden ja gar nicht von 'Mitmenschen' ausgegangen werden ;)).

Um also überhaupt 'logisch' argumentieren zu können, muss bereits etwas gänzlich irrationales wenigstens stillschweigend vorausgesetzt werden. Damit basiert auch die vermeintlich 'objektive' Wissenschaft unserer Zeit im letzten Grund auf einer spekulativen Hypothese, die nach moderner Wissenschaftstheorie über gar keine 'Theoriefähigkeit' verfügt, weil sie nicht widerlegbar ist.
Also: Am Anfang der intersubjektiven (sprich: wenigstens prinzipiell mitteilbaren) Erkenntnis steht zwangsläufig ein (wenn auch unbewusster) 'Urglaube' an die Existenz einer 'objektiven Realität' jenseits des individuellen Bewusstseins. Darauf baut das weeeeeite Reich des 'Logischen' auf - aber ... führt das Logische irgendwo hin? Das sogenannte 'Münchhausen Trilemma' besagt, dass es keine tatsächlichen 'Letztbegründungen' gibt, nur 1. Dogma, 2. infiniten Regress, 3. Zirkelschluss. Aus dieser Zwickmühle auszubrechen kann nicht innerhalb der klassischen Logik gelingen, man muss 'das ewige Rundherum' durch ein individuell irrationales Moment 'transzendieren'. 'Individuell irrational' heißt aber nicht, dass sich überhaupt nicht intersubjektiv darüber unterhalten werden kann - es heißt nur, dass man in diesem Bereich der Kommunikation ganz besonders auf das Verstehen-WOLLEN des Gegenübers angewiesen ist, weil eben logische Beweisführung schon per definitionem ausgeschlossen ist. Hier betreten wir gewissermaßen den weiten und wunderschönen Bereich der sogenannten 'Mystik' mit ihren mannigfaltigen Symbolsprachen. Aber das sei erstmal ausgeklammert - in diesem Thread geht es ja momentan eher um die Argumentation auch vermeintlichen 'Atheisten' gegenüber ...

Deshalb im Folgenden so 'logisch' wie möglich ...

Der Bruder Yavuz schreibt (vermutlich bewusst-provokant): "Da als eine Eigenschaft der Ur-Ursache die "Ewigkeit" genannt wurde, stellt sich die Frage, ob denn die Zeit "neben" Gott eine Existenz ist? Denn wenn die Ur-Ursache alle Zeiten existiert hat und existiert, dann existiert auch die Zeit ewig. Wie ist das zu verstehen? Ist Gott eine Art Zweieinigkeit aus sich und der Zeit?"

Sollten wir nicht die (lineare) 'Zeit', bzw. den Eindruck, dass es eine solche 'gibt', schlichtweg als bloßes Ergebnis einer beschränkten menschlichen Wahrnehmung betrachten, die nicht fähig ist, alle Kausalitätsverhältnisse des Kosmos auf einen Blick zu durchschauen? Die 'Ewigkeit' wäre dann gerade das Erfassthaben ALLER Verhältnisse, wodurch dann 'Zeit' nur noch eine einzige von prinzipiell beliebig vielen geometrischen Dimensionen ist, welche die Zusammenhänge der Welt(en) für das Menschenbewusstsein 'sortieren'. Alle 'Dynamik' in unserer naiven Wahrnehmung ließe sich dann damit erklären, dass wir eben die Dimension der Zeit im Unterschied zu den drei naiven Raumdimensionen grundsätzlich NUR in eine bestimmte 'Richtung' begehen können, während uns im Raum diesbezüglich nur durch unsere Körperlichkeit ('Schwerkraft' etc.) Grenzen gesetzt sind.

Würde man den Eindruck einer erbarmungslos fortschreitenden 'linearen Zeit' als Individuum überwinden, entfielen auch alle weiteren Fragen nach 'Ursachen', weil als die einzige Ursache für 'Alles' (und gleichermaßen für ein abstraktes 'Nichts') nun etwas erschiene, das zwar nicht mehr definierend benennbar ist, das aber mit 'letztgültiges Gesetz aller Welten' auf den ersten Blick noch schwammig umrissen werden kann. Und nur, wer den individuellen Eindruck einer linearen Zeit noch festhält, würde daraufhin fragen: Und was genau ist dann dieses 'letztgültige Gesetz aller Welten'? Die (wohl nur noch wenig vorhandenen) VERSTEHENDEN Freimaurer (als Mysterienbund, nicht als politische Strömung verstanden) beispielsweise würden dann ganz dreist sagen: Dieses 'letzte Gesetz', das ist der 'Luzifer', der Große Baumeister aller Welten - 'er' ist das letzte, über das noch geredet werden kann.
Jedoch über 'Luzifer'/~'Iblis', dem 'Lichtbringer' (der aber eben nicht selbst das Licht IST), steht dann noch die eine allmächtige Gottheit, die sich aller Beschreibung und Erforschung entzieht. Letzteres aber würden die meisten heutigen Freimaurer wohl nicht mehr sagen, weil es ihnen selbst nicht bewusst ist; so verharren diese armen Menschen im Götzendienst, selbst, wenn sie es als 'Kinder der Aufklärung' eigentlich gut meinen mit ihrem Engagement für eine 'rationalistische Spiritualität'.

Wahrhaft religiöse mystische Praxis würde nun aber darauf abzielen, gerade das Verhältnis von 'Lichtbringer' und dem tatsächlichen 'Licht der Welt' selbst erstens individuell zu begreifen in allen Konsequenzen, zweitens dieses Verhältnis in der eigenen menschlichen Wesenheit widergespiegelt zu finden. Aber wie oben schon angemerkt: Ab diesem Punkt muss spätestens auch mit assoziativer Symbolik statt nur mit rational-logischen Überlegungen gearbeitet werden - wenn man diesen Weg denn gehen möchte. Einem JEDEN Gläubigen aber - auch dem also, der 'daheim bleibt' bei sich als 'Ego', sich nicht 'abmüht' mit dem eigenen Selbstsein - einem jeden 'Gläubigen' ist bereits 'das Beste', 'al husnaa' versprochen. Und 'Gläubiger' ist nach diesem Verständnis, wer ...

1. ... die eine allmächtige Gottheit als das einzige letztgültige Gesetz dieser Welt anerkennt - was in der Konsequenz mit sich bringt, dass dem derartig Gläubigen NICHTS in der Welt mehr absolut 'schlecht'/'böse' erscheint, sobald/solange er es im kosmischen Kontext betrachtet. Denn im kosmischen Kontext ist auch die grausamste Barbarei doch ein Ergebnis des 'Willen Gottes' - und nur, weil wir kleinen Menschen den Sinn dabei nicht unmittelbar sehen können aus unserer relativen Perspektive, heißt das nicht, dass der Sinn nicht dennoch da ist.

2. ... anerkennt, dass jedem einzelnen Menschen das grundsätzliche Potential innewohnt, zu vermitteln zwischen 'Gott' und 'den Menschen'. Und wer dieses Potential dann auch noch tatsächlich zu verwirklichen weiß, der wird konsequenterweise als ein 'Gelobter' empfunden. Wobei die Verwirklichung dieses Potentials schon nicht mehr notwendig ist, um als 'Gläubiger' zu gelten - nur die MÖGLICHKEIT der Verwirklichung dieses Potentials muss anerkannt werden.

Hmm, jetzt bin ich doch ein wenig in die mystische Symbolsprache abgeglitten. Im Zweifelsfall ignoriere man bitte ersteinmal die zweite Hälfte dieses Postings :)


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RE: Warum leben wir?

#26 von Dörte Donker , 30.01.2015 14:00

Lieber Herr Özoguz,
als das erste mal Materie von der Energie getrennt wurde, also im Urknall, waren wir bereits dabei. Wir können bis dort hin zurück denken, weil in uns die Erfahrung ist. Davor nicht und hier ist GOTT ALL-EIN und wir sind noch nicht einmal erdacht. Hier müssen wir uns vielleicht in der Meditation versenken, um das einiger maßen erfassen zu können, dann aber auch nur emotional. So eine Art Erleuchtung hatte ich als Teenager, als ich in den Dünen einer ostfriesischen Insel meditiert habe. Zeit und Raum zerfloss in eine EINS, ich war in dem Moment mit allen und durch alles. Es gab keinerlei Beschränkung.
Ich habe große Schwierigkeiten mich in die Erfahrungswelt zu begeben von Menschen, für die es GOTT nicht gibt. Das wäre als wenn Sie von mir verlangen würden, die Welt durch die Augen eines Mannes zu sehen, obwohl ich eine Frau bin.
Die Wissenschaft hat auch keine Antwort auf die UR-Ursache. Sie stellt nur fest, was ist und was gewesen sein könnte. Und n der Astrophysik ist vieles Theorie.
Aber wenn Sie eine Antwort liefern könnten oder einen Ansatz einer Antwort, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar.


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RE: Warum leben wir?

#27 von Yavuz Özoguz , 30.01.2015 14:01

Zitat
Zunächst: Ist der Terminus 'Ur-Ursache' wirklich sinnvoll? Führt eine 'Steigerung' des Begriffes der 'Ursache' nicht zwangsläufig in einen infiniten (bzw. indefiniten) Regress, solange man sich im Rahmen der klassischen Logik bewegt?



Ob die klassische Logik das geeignete Hilfsmittel ist, um die Wahrheit zu erkennen oder überhaupt etwas zu erkennen, lasse ich zunächst offen. Aber obige Frage ist absolut berechtigt! In dem Moment, in dem ich den Begriff Ur-Ursache verwende, gehe ich davon aus, dass die Kausalitätskette rückwerts verfolgt einen Anfang hat. Das aber ist noch gar nicht bewiesen bzw. wurde "übersprungen" bei der Diskussion. Daher habe ich versucht mit der neuen Frage uns wieder dorthin zurück zu lenken. Ziel dieser Diskussion ist es ja nicht, die "Nachweise" so zu führen, wie es am "logischsten" wäre, sondern so zu führen, wie es die Diskussion ergibt. Sonst wäre es ein Monolog, der niemandem nützt! Allein mit der klasischen Logik werden wir das Problem allerdings genau so wenig lösen können, wie wir mit der klassischen Logik unsere eigene Existenz beweisen könnten. Insofern bedarf es weiterer gemeinsam akzeptierter disziplinen, wie z.B. die Naturwissenschaften (die einstmals die Logik verwendet haben aber Neuerdings diesbezüglich teilse "merkwürdig" werden).

Zitat
Und verlässt man die klassische Logik mit ihren drei Grundaxiomen ('Satz der Identität', 'S. d. Widerspruchs' und 'S. d. ausgeschlossenen Dritten'), dann erübrigen sich sowieso derartige 'Kausal'-Hierarchien und es bleibt nur noch das (im Optimalfall bewusste, andächtige) Schweigen.



Dazu bedarf es des Verständnisses der Zeit. Kausalität, wie wir sie kennen, ist ohne Zeit nicht denkbar. Das bedeutet, dass wir im Rahmen der Zeit mit Kausalität argumentieren können (die heutige Physik sagt dass selbst das in den ersten Millisekunden des Urknalls schwierig wird), aber was ist die Zeit? Und gibt es eine Ursache für die Zeit?

Zitat
Wollen Menschen aber in der materiellen Welt miteinander kommunizieren, sind sie eben scheinbar zwangsläufig auf die Dogmen der klassischen Logik angewiesen, indem diese Dogmen (wenn auch ganz unbewusst) als 'gemeinschaftlich anerkannte Vorannahmen' vorausgesetzt werden.



Einverstanden!

Zitat
Aber diese Dogmen sind im Prinzip willkürlich gewählt ... denn ohne den anfänglichen - wohlgemerkt logisch-unbegründbaren - 'Objektivitäts-Glauben' kann seitens des Erkennenden ja gar nicht von 'Mitmenschen' ausgegangen werden ;)).



Ganz so ist es meiens Erachtens nicht! Erkenntnis - in jeglicher Form und auf jeglicher Ebene (ob physisch oder metaphysisch) beruht auf Vorannahmen, da stimme ich überein. Aber was heißt schon "objektiv". Wenn zwei Menschen, die einander etwas dargelegen, beweisen oder diskutieren wollen, die Dinge, die sie gemeinsam "glauben" als objektiv bezeichnen, ist das hinreichend. Z.B. behaupten alle Menschen, dass ein Stein, den ich loslasse, fällt. Es spielt dabei keine Rolle, ob er fällt, weil die Erde irgendiwe ominös den Stein anzieht oder weil der Raum um die Erde gekrümmt ist, oder gar nicht der Stein fällt sondern die Erde sich auf den Stein zubewegt. Die Menschen, die dieses Geschehnis betrachten, sind sich darin einig und können dann darauf aufbauend analysieren, was geschieht, wenn der Stein jemanden auf den Kopf fällt. Logisch betrachtet könnte niemand beweisen, dass er beim nächsten Mal wieder fallen wird. Doch solch eine "logische" Betrachtung lenkt nur ab. In 1000 Jahren könnte die Bewegung des Steines ganz anders erklärt werden, weil die Menschen Raum und Zeit ganz anders deuten, und das mögliche Wunder, das jemand den Stein schweben lässt, haben wir ganz ausgeklammert. Denoch hilft unsere gemeinsame Erkenntnis, dass der Stein fällt uns hier und heute (nicht gestern und nicht morgen) gemeinsam etwas zu "erkennen" und darauf aufbauend richtige Schlüsse zu ziehen, die uns zur "Ur-Ursache führen können, falls es eine Ur-Ursache gibt

Zitat
Um also überhaupt 'logisch' argumentieren zu können, muss bereits etwas gänzlich irrationales wenigstens stillschweigend vorausgesetzt werden.



Ja, wie z.B. das Fallen des Stein, oder dass ich aufgrund meiner Wahrnehmung behaupte, dass ich existiere. DA wir uns beide darin aber einig sind, können wir also darauf aufbauen.

Zitat
Damit basiert auch die vermeintlich 'objektive' Wissenschaft unserer Zeit im letzten Grund auf einer spekulativen Hypothese, die nach moderner Wissenschaftstheorie über gar keine 'Theoriefähigkeit' verfügt, weil sie nicht widerlegbar ist.



Tatsächlich kann nicht bewiesen werden, dass der Stein wieder fallen wird. Wir "glauben" letztendlich nur, dass es so ist. Beweisen können iwr es erst, wenn wir ihn loslassen, und dann ist es zu spät für die verhersagende Behauptung. Aber der "Glaube" aller Mitdiskutierender daran ist so stark und so einheitlich, dass wir darauf aufbauen können. Wen spätere Gesellschaften den "Trick" heruasgefunden haben, dass der Stein dann nicht mehr fällt, werden sie anders diskutieren müssen.

Zitat
Das sogenannte 'Münchhausen Trilemma' besagt, dass es keine tatsächlichen 'Letztbegründungen' gibt, nur 1. Dogma, 2. infiniten Regress, 3. Zirkelschluss. Aus dieser Zwickmühle auszubrechen kann nicht innerhalb der klassischen Logik gelingen, man muss 'das ewige Rundherum' durch ein individuell irrationales Moment 'transzendieren'.



Meines Erachtens ist die Trilemma-Situation von Herrn Albert selbst ein Beweis für die Ur-Ursache, aber das würde hier möglicherweise zu weit führen.

Zitat
Sollten wir nicht die (lineare) 'Zeit', bzw. den Eindruck, dass es eine solche 'gibt', schlichtweg als bloßes Ergebnis einer beschränkten menschlichen Wahrnehmung betrachten, die nicht fähig ist, alle Kausalitätsverhältnisse des Kosmos auf einen Blick zu durchschauen?



Und woher stammt jene Wahrnehmung? Und wozu dient sie?

Zitat
Alle 'Dynamik' in unserer naiven Wahrnehmung ließe sich dann damit erklären, dass wir eben die Dimension der Zeit im Unterschied zu den drei naiven Raumdimensionen grundsätzlich NUR in eine bestimmte 'Richtung' begehen können, während uns im Raum diesbezüglich nur durch unsere Körperlichkeit ('Schwerkraft' etc.) Grenzen gesetzt sind.



Haben Raum und Zeit nicht die gleiche Art von Beschränkungen? Schließlich können wir nicht in die vierte Raumdimension treten, obwohl es sie geben könnte. Ionsofern steckt auch in der Begrenzung von Raum und Zeit eine neue Frage.

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RE: Warum leben wir?

#28 von Dörte Donker , 30.01.2015 14:08

Ich könnte dann an dieser Stellen sagen, die UR-Ursache war etwas Geistartiges, was sich in der Materie ausdrücken wollte, aber das habe ich bereits gesagt.


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RE: Warum leben wir?

#29 von Dörte Donker , 30.01.2015 14:45

@Cengiz Tuna
Das Zitat von Imam Ali zeigt ja auch auf, was ich ebenfalls sagte, wir können immer nur unsere Eigenschaften in GOTT hineininterpretieren. Und wenn wir das tun bemerken wir, dass es nicht schlüssig ist.

Grundsätzliches:
Das andere, was wir bei der Diskussion auch berücksichtigen müssen, dass wir alle auf einer gewissen Basis anerkennen müssen, was ist, denn sonst müssen wir wirklich bei Hypothesen und Theorien beginnen, warum der Stein fällt.


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RE: Warum leben wir?

#30 von Dörte Donker , 30.01.2015 14:54

@Cenziz Tuna
Es gibt einen Grund, weshalb ich GOTT als den "absoluten Geist" bezeichne und wenn wir verstehen, was das Absolute als Begriff bedeutet, wird es schlüssig; für mich zumindest.


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