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Moralische Marktwirtschaft

#1 von Muhammad Krüger , 07.03.2012 22:23

Weltweit beschäftigen sich gescheite Leute, Professoren, Thinktanks mit der Lösung des Problems "Welches ist das beste Wirtschaftsmodell? Für das eigene Land und für die Welt?"

Seit es "Zivilisation" gibt gibt es Kriege um Reichtum, Wirtschaftsmacht und Wirtschaftszonen. Seit dem Römischen Imperium vor 2000 Jahren. Ja seit dem alten Ägypten vor 5000 Jahren. Auf Rom folgte im mittelalterlichen Europa eine Zeit egoistischer Königreiche, danach die großen, globalen Kolonialreiche Hollands, Belgiens, Spaniens, Portugals, Frankreichs und Englands. Es gipfelte im Dualismus der beiden Wirtschaftsmodelle "Liberalismus" und "Kommunismus".

Die Wirtschaftsbeben der letzten zwei drei Jahrzehnten haben von Mal zu Mal zugenommen, und von Mal zu Mal wird die Notwendigkeit nach einem neuen, nachhaltigen Welt-Wirtschaftssystem deutlicher.

Die Notwendigkeit von wirtschaftlicher Unabhängigkeit hat mittlerweile sogar der Politik eingeleuchtet. Begriffe wie Schuldenbremse und Entschuldung werden politisch eingeleitet und umgesetzt, Bayern hat jüngst beschlossen, bis 2024 vollständig schuldenfrei zu sein.

Beispiele wie das von Bayern sind schon so etwas ist eine kleine Revolution. Doch selbst wenn ganz Europa diesen folgen würde, sie reichen noch nicht aus um das gesamte System zu gesunden.

Die Zukunft der Marktwirtschaft.
unter diesem Titel ließ das konservative, renomierte Handelsblatt in seiner letzten Wochenendeausgabe eine Reihe von Autoren teils von Weltruf zu Wort kommen und reflektieren.
Das ist eine Revolution. Das ist, als würde ein Berliner Regierungsblatt alle Bundesbürger zum Brainstorming aufrufen, in welche Richtung eine neue, fundamental geänderte Verfassung entwickelt werden muss. Als wenn die UNO die gesamte Weltbevölkerung fragen würde, wie die UNO 2.0 aussehen hat.

Wir haben die freie Marktwirtschaft durchprobiert, sie hat sich nicht bewährt. Auch die soziale Marktwirtschaft und ihre Mechanismen waren gut genug, nicht sozial genug, ausreichend Freiheit und Gerechtigkeit herzustellen und den Menschen ihre Würde zu lassen. Im Gegenteil: unter der (freien oder sozialen) Marktwirtschaft von heute hat die Menschheit der Welt niemals zuvor so sehr gelitten.

Der Gedanke der Marktwirtschaft ist im Ansatz eigentlich richtig. Denn er geht davon aus, dass freie unternehmerische Entscheidungen getroffen werden und keine staatlichen Planmodelle herrschen.

Es müssen nur die richtigen Bremsen eingebaut sein. Bzw. die richtigen Beschleunigungsmittel.

Und weil es in diesem Fall um das Erreichen ethischer Werte: Menschenwürde, Gerechtigkeit und Freiheit geht, können diese Bremsen nur ethische bzw. moralische sein.

Armut entwürdigt, entrechtet und versklavt.

An Bremsen könnte ich mir vorstellen:
Wucherverbot
Zinsverbot
Mindestlohn
Mindestrente
Maximalbesitz (max. 40 Mio. € pro Person)

Als Beschleuniger
Steuerfreiheit für Benachteiligte
Aufhebung aller Patente
Freien Zugang aller Menschen zu allen wiss. Erkenntnissen
Steuererleichterungen für Häuslebauer


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RE: Moralische Marktwirtschaft

#2 von Fatima Özoguz , 08.03.2012 07:30

Sehr schön. Nun kann man nicht sagen, die Markwirtschaft habe sich nicht bewährt. Für Reiche und Mächtige hat sie sich schon mehr als bewährt, nur wurden die Armen dadurch immer ärmer, aber was kümmert das die Reichenschickeria? Die gab es übrigens auch im sogenannten "Kommunismus", es gab immer eine Schicht, die Wasser gepredigt und Wein getrunken hat. Aber die Kapitalisten fangen an, sich zu fürchten. Sarrazins Rundumschläge nicht nur gegen Migranten und Muslime, sondern auch gegen Arme allgemein und die Haltung unseres designierten Bundespräsidenten, der die Sicherung des Existenzmminimums verächtlich "Alimentierung" nennt, drücken doch zwischen den Zeilen Angst aus, dass das Volk bei der Umverteilung von unten nach oben nicht mehr mitmachen könnte.
http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck...tehen-1.1288292

Zitat
SAn Bremsen könnte ich mir vorstellen:
Wucherverbot
Zinsverbot
Mindestlohn
Mindestrente
Maximalbesitz (max. 40 Mio. € pro Person)



Als Ergänzung: Grundgehalt für Frauen, die Kinder großziehen, und zwar länger als drei Jahre Elterngeld. Statt dessen versucht man, Frauen mit Gewalt und per Quote in Chefetagen zu bugsieren. So wird das nichts mit einer höheren Geburtenrate, denn solche Tätigkeiten sind in der Regel mit einem geregelten Familienleben unvereinbar. Es sei denn, man gibt sein Kind ständig in fremde Hände. Es kann außerdem nicht sein, dass Frauen ihren Männern jahre oder gar jahrzehntelang den Rücken freihalten, damit sie Karriere machen können, und dann in die Altersarmut fallen, wenn der Partner stirbt oder bei einer unverschuldeten Scheidung. Von der fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung der Frauen für ihre Familienarbeit ganz zu schweigen. Das Großziehen von Kindern wird bestraft, kinderlose Karrierefrauen belohnt. Da könnte man ja mal zeigen, dass man es ernst meint mit der sogenannten Gleichberechtigung, aber davon hört man auch heute am vielbeschworenen Frauentag nichts. Statt dessen wird nur überlegt, wie man die Frauen aus den Häusern in die Büros scheuchen kann.



Als Beschleuniger
Steuerfreiheit für Benachteiligte
Aufhebung aller Patente
Freien Zugang aller Menschen zu allen wiss. Erkenntnissen
Steuererleichterungen für Häuslebauer


weiterhin wäre noch eine Starthilfe für mittellose junge Familiengründer denkbar.


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"freie, moralische MW", nicht "moralfreie MW"

#3 von Muhammad Krüger , 11.03.2012 23:51

Nun kann man nicht sagen, die Markwirtschaft habe sich nicht bewährt. Für Reiche und Mächtige hat sie sich schon mehr als bewährt, nur wurden die Armen dadurch immer ärmer,

Mit der Kritik hast du völlig recht, die derzeitige Marktwirtschaft ist eine Katastrophe. Sie ist ganz offensichtlich keine soziale Marktwirtschaft, denn durch sie herrschen auf der ganzen Welt Ungerechtigkeit und Ausbeutung. Sie ist aber auch keine freie Marktwirtschaft, sie ist eine völlig enthemmte, entfesselte Blutsaug-Wirtschaft. Durch sie herrscht weltweit Unfreiheit.

Allein der Name "freie Marktwirtschaft" ist falsch. Das einzige was frei sein muss ist der Mensch. Wenn eine freie Marktwirtschaft dazu führt, dass der Mensch unfrei ist, dann ist sie unmenschlich und muss abgeschafft werden.


Mit meinem Vorschlag moralische Marktwirtschaft wollte ich einen erweiterten Vorschlag machen. Sozial ist mir nicht genug.

Kant hat in seinem berühmtesten Satz "den gestirnten Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir" in Zusammenhang gebracht. Das moralische Gesetz im Menschen ist also etwas, das in jedem Menschen existiert und von enormer Macht ist. Für westliche Denkweisen besonders einfach nachzuvollziehen, da der Lehrsatz von einem westlichen Philosophen stammt. Daher denke ich dass man genau diese Moralität entfesseln muss um die Gier, die eine moralische Krankheit ist, die sich ins unendliche steigern kann und die für unsere Weltungerechtigkeit verantwortlich ist, unter Kontrolle zu bringen.

Eine moralische Krankheit mit moralischen Heilmitteln begegnen. Auf der realen Ebene der Wirtschaft.


Ich denke schon, dass das beste Form der Wirtschaft eine Marktwirtschaft ist. Wie du weißt hat weder der Prophet noch Imam Ali eine Planwirtschaft eingeführt.

Es geht mir um Fairness und vergleichbare Bedingungen, und darum, moralische Werte fest zu etablieren wie Mäßigung, Verantwortung, Mitleid, Barmherzigkeit.

Ich weiß nur noch nicht wie.


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RE: "freie, moralische MW", nicht "moralfreie MW"

#4 von Fatima Özoguz , 12.03.2012 07:32

Wie wäre es mit "moralischer und gerechter MW?" Imam Alis (a.s) Gedanken über Staats- und Wirtschaftsführung kann man in seinem Regierungsauftrag an Malik al- Aschtar nachlesen.

http://www.eslam.de/manuskripte/buecher/...ha_53_brief.htm

Etwas lang, aber es lohnt sich. Interessanterweise gibt Imam Ali (a.s) Malik erst Anweisungen darüber, seine Begierden zu zügeln und sich vor Unerlaubtem fernzuhalten, bevor er auf das eigentliche Regieren kommt. Bemerkenswert ist auch die volksnähe, die ihm immer wieder nahegelegt wird, dass er sich nicht von seinen Untertanen und ihren Nöten abschirmen soll, ganz im Gegensatz zu gewöhnlichen Politikern, die nur in ihrer Parallelgesellschaft leben und eigentlich mit dem Volk nichts mehr zu tun haben.


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RE: "freie, moralische MW", nicht "moralfreie MW"

#5 von Christoph Sanders , 13.03.2012 13:00

Lieber Herr Krüger,
das sind gute Ideen, zu denen ich noch ein paar Anmerkungen schreiben möchte. Den Kapitalismus halte ich an sich für sinnvoll; allerdings ohne Grenzen und Kontrolle für hochgefährlich.

Bremsen
- Zinsverbot
Der "Mietzins" müsste eigentlich auch abgeschafft werden. Nicht wegen des Mieter-Geldbeutels, sondern wegen der endlosen Geldvermehrung in Form von Schulden. Ein Mieter macht ja jeden Monat so und so viel Schulden alleine deswegen, weil Wohnraum existiert. Ausser Schulden wird nichts geschaffen bis das Haus zusammenbricht. Eine Alternative zu finden, dürfte allerdings etwas problematisch werden.
Besteuerung von selbst genutztem Grundstück bis zu einer gewissen Größe sollte es auch nicht geben. Ständig dafür zu bezahlen, dass man Haus und Hof hat, produziert auch nur Schulden.
- Maximalbesitz
So eine Vermögensbegrenzung habe ich mir auch schon einmal überlegt. Sogar in ähnlicher Höhe. Ich würde das allerdings noch etwas verfeinern.
30 Mio. € Gesamtvermögen (beweglich/unbeweglich) pro volljährige Person und 120 Mio. € pro Familie bestehend aus 2 Generationen. Mit Geburt des 1. Kindes werden dann die Großeltern aus der Rechnung getrennt.
Eine Vermögensbegrenzung von Firmen halte ich für mindestens ebenso wichtig. Wobei die Grenze von der genutzten Technik abhängig ist. Eine Firma, die Flugzeuge baut, braucht mehr Vermögen zum Wirtschaften als ein Architektenbüro.
Auf jeden Fall sollte man das Entstehen von Megakonzernen verhindern. Viele kleinere Betriebe sind besser und ungefährlicher als ein großer.

Beschleuniger
- Aufhebung aller Patente
Das halte ich für eine schlechte Idee. Der Mensch hat die Neigung die Ideen anderer für sich selbst zu nutzen. Da würde nur eine gewaltige Geheimniskrämerei ausbrechen.
Besser dürfte es sein, wenn Patente nur dann rechtskräftig sind, wenn sie vom Patentinhaber selbst genutzt werden. Ein Erfinder sollte die Rechte an seiner Erfindung natürlich auch an andere Nutzer verkaufen können. Ein Patent ohne Nutzung sollte es aber nicht geben dürfen. So etwas blockiert nur andere, die das Gleiche erfinden.
Mit anderen Worten: Zuerst die Nachfrage, dann das Patent. Patente sollten zielgerichtet sein.
Eine gerechte Regulierung dürfte aber etwas schwierig werden. Einerseits soll der Erfinder ja von seiner Idee profitieren können, andererseits sollte es keinen Monopolismus geben. Das ist wirklich etwas kniffelig.
- Freien Zugang aller Menschen zu allen wiss. Erkenntnissen
Das ist aber nicht ganz ungefährlich. Was die Biotechnologie angeht, würde ich weit mehr vor der Öffentlichkeit verbergen als das getan wird. Biologische WMDs stellt man sehr viel leichter her als chemische und atomare. Das kann selbst eine Privatperson ohne Labor. Soweit ich weiß gab es auch schon mindestens eine militante Gruppe, die biologische WMDs eingesetzt hat. Und das waren keine Muslime. In diesem Fall war die "Masse" allerdings sehr klein. Sie könnte aber deutlich größer sein.


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