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Darf man Imam Chamene’i „Heiligkeit der Zeit“ nennen?

#1 von Yavuz Özoguz , 08.05.2014 14:05

Darf man Imam Chamene’i „Heiligkeit der Zeit“ nennen?

Es ist Phänomen unserer Zeit, dass so ziemlich fhr jeden Gelehrten, jedes religiöse Oberhaupt und jede Sekte geworben werden darf und kann, nur wenn die Anhänger des größten islamischen Gelehrten unserer Zeit einmal irgendetwas äußern, gleich eine Flut von Protesten und Widerständen über sie einbricht. Das Ziel all jener Proteste besteht darin, die Heiligkeit unserer Zeit von den Bürgern der Welt fern zu halten. Denn jeder, der sich intensiver mit ihm beschäftigt, könnte sein Anhänger werden. Und das kann das Weltimperium überhaupt nicht vertragen, denn Imam Chamene’i ist das Oberhaupt des Widerstandes gegen das kapitalistisch-imperialistische Unterdrückungsgebilde.

Eine der zahlreichen Methoden, Imam Chamene’i zumindest propagandistisch zu schwächen besteht darin, ihm jegliche Form von Ehrentitel streitig zu machen. Als er zum Wali-ul-Amr gewählt wurde, hat man ihm den Titel Ayatollah streitig gemacht. Dabei war er schon über zwei Jahrzehnte ein islamischer Gelehrter auf höchstem Niveau und der einzige Grund, warum er den Titel selbst nicht trug, bestand in seiner Bescheidenheit und der Tatsache, dass sein Lehrer Imam Chomeini am Leben war. Danach wollte man ihm den Titel „Imam“ streitig machen, siehe dazu: Darf man „Imam“ zu Imam Chamene’i sagen? Manche unterschlagen auch den Titel Sayyid, wenn sie über Imam Chamene’i sprechen und ihn weder Ayatollah noch Imam nennen wollen. Dabei ist er der eigentliche „al-Hussaini“ unserer Zeit. Immer wieder hört man, wie er selbst von Schiiten nur als „Chamene’i“ oder gar „Agha Chamene’i“ (Herr Chamene’i) gerufen wird, eine Unverschämtheit, die man sich bei anderen anerkannten Gelehrten nicht erlaubt! Unbewusst tragen dienen sie den Milliarden US$ die erst gestoheln und dann ausgegeben werden, um die „Heiligkeit der Zeit“ zu schwächen. In letzter Zeit gab es auch die Beschwerde, dass meine Wenigkeit ihn in der Öffentlichkeit immer wieder „Heiligkeit der Zeit“ genannt hat. Dabei stammt das noch nicht einmal von mir.

Der Begriff selbst bezogen auf eine islamische Geistlichkeit stammt von Ernesto Cardenal. Der inzwischen 89 Jahre alte Ernesto Cardenal ist ein nicaraguanischer katholischer Priester. Er gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Befreiungstheologie Lateinamerikas und ist auch als Autor bekannt. Mit dem Sieg der Nicaraguanischen Revolution 19. Juli 1979 wurde er Kulturminister der neuen sandinistischen Regierung. Wenige Monate zuvor war er in der noch jungen Islamische Republik Iran zu Besuch. Im April 1979 hatte er Imam Chomeini getroffen und nannte ihn „Heiligkeit unserer Zeit“, was über den Sender IRIB am 8. April 1979 ausgestrahlt wurde. Diese Aussage hat er nie widerrufen und seine Sympathien stets beteuert. Das führte letztendlich dazu, dass er im März 1983 von Papst Johannes Paul II. in Managua in aller Öffentlichkeit gedemütigt wurde. Anfang 1985 wurde er von Papst von seinem Amt als katholischer Priester suspendiert. Bis 1987 bleib Ernesto Cardenal Kulturminister. Meine Wenigkeit hat jenen Titel lediglich auf den Nachfolger Imam Chomeinis, Imam Chamene’i übertragen.

Wir haben also die außergewöhnliche Situation, dass ein katholischer hoher Geistlicher den Wali-ul-Amr der Muslime „Heiligkeit der Zeit“ nennt, ihn damit ehrt und sogar seinen eigenen Beruf dafür riskiert, und auf der anderen Seite Muslime – ja sogar Schiiten – die sich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Und dann kommen einige Muslime und wollen erzählen, dass ein Katholik keine Chance hätte ins Paradies zu kommen und nur ein Schiit ins Paradies kommt, selbst wenn er den Wali-ul-Amr mit dem übelsten Worten schmäht und beleidigt. Wie verkehrt muss die Welt eigentlich noch sein, damit einigen Fanatikern die Augen geöffnet werden?

Unabhängig von der absurden Situation soll im Folgenden die Frage erörtert werden, ob es islamische zulässig ist, dass man Imam Chamene’i als „Heiligkeit der Zeit“ bezeichnet. Denn diejenigen, die sich lautstark dagegen wehren haben oft vergessen, eine sachliche Analyse der Begriffe durchzuführen, bevor sie irgendetwas ablehnen.

Was bedeutet eigentlich „heilig“? Der Begriff „heilig“ mit dem Wortstamm „qds“ kommt mehrfach im Heiligen Qur’an vor, so dass man sich durchaus ein Verständnis dafür aufbauen kann. Gleich viermal ist der „Heilige Geist“ im Heiligen Qur’an erwähnt, der Jesus stärkt (2:87, 2:253, 5:110, 16:102). Die absolute Form „der Heilige“ (Al Qudduus) kommt zwei Mal vor und bezieht sich allein auf Gott (59:23, 62:1), denn nur Er ist von Sich aus heilig, genau so wie nur Er von Sich aus mächtig, schön und gerecht ist. In der absoluten Form gibt es keine Eigenschaft, die von sich aus existieren könnte, außer in Gottes Absolutheit. Insofern ist der Begriff „heilig“ im Zusammenhang mit einem Geschöpf stets ein relativer Begriff. Man könnte auch vereinfacht sage, dass etwas Heiliges das ist, was von Gott „geheiligt“ wurde, wie z.B. der Heilige Prophet, der Heilige Qur’an usw.

Doch selbst eine einfache „Erde“ kann geheiligt sein, wie es Gott, der Erhabene, im Heiligen Qur’an dem Propheten Moses (a.) beschreibt: „Wahrlich, ich bin dein Herr. So zieh deine Schuhe aus; denn du bist im geheiligten (al-muqaddas) Tuwa (20:12 oder 79:16).“ Die Geheiligte Erde in Palästina wird ebenfalls erwähnt (5:21). Der Begriff „Heilig“ kommt sogar in der Verbform vor, wenn die Engel zu Gott sagen: „Wir heiligen dich“ (2:30). Hier wird deutlich, dass die Engel von Gott die Fähigkeit erhalten haben, Ihn in einer besonderen Form zu ehren. Dabei gilt vergleichbar der Dankbarkeit (hamd), dass alle Heiligkeit von Gott ausgeht und zu Ihm zurückkehrt. Als Heiliges Haus (Bait ul Muqqaddas) wird gemäß den Überlieferungen die ursprüngliche Gebetsrichtung bezeichnet weshalb Jerusalem auch im Arabischen „al-Quds“ heißt.

Die Ähnlichkeit der religiösen Begriffe in den semitischen Sprachen wird deutlich, wenn man den Begriff im hebräischen ansieht. Dort heißt er „kaddosch“. Im alten Testament gibt es eine markante Stelle, in der dieser Begriff verwendet wird und Gott alle Menschen anspricht: „Heilig sollt ihr sein, denn heilig bin Ich, euer Gott.“ (3. Mos. 19,2).

Zusammenfassend können wir in unserem heutigen Sprachgebrauch feststellt, dass heilig eine besondere Form des religiös Verehrungswürdigen darstellt. Der einzige von sich aus Verehrungswürdige ist zweifelsohne Gott und nichts ist Ihm gleich. Aber Er gewährt es den Menschen die Verehrung seiner Heiligkeit auch durch Vermittler, durch Fürspracheeinleger, durch Zeichen Gottes oder andere Wege zu vollziehen.

Bevor wir nun die Frage stellen, ob Imam Chamene’i eine Heiligkeit sein kann, ist noch der zweite Teil der Verehrungsformel „der Zeit“ zu analysieren. Die Hinzufügung „der Zeit“ kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Wenn wir z.B. zu Imam Mahdi – möge er bald erscheinen – Besitzer der Zeit (Sahib al-Zaman) sagen, dann meinen wir die Zeit als Solches und nicht eine bestimmte Zeit. Wenn wir hingegen z.B. zu einem begnadeten Künstler „großer Künstler der Zeit“ sagen, dann meinen wir zweifelsohne keine übergeordnete Beziehung zur Zeit, sondern schlicht und einfach, das jener Künstler in seiner Wirkzeit ein Großer unter den Künstlern ist. Damit ist weder ausgesagt ob es vor ihm größere Künstler gab, noch ist eine Aussage für die Zeit nach ihm getroffen. Auch ist nicht gesagt, ob es andere – evtl. größere – Künstler in seiner Zeit gibt.

Wenn also jemand zu Imam Chamene’i „Heiligkeit der Zeit“ sagt, dann ist ihm sicherlich klar, dass Imam Mahdi – möge er bald erscheinen – eine viel größere Heiligkeit der Zeit ist. Aber gerade weil jemand glaubt die Beziehung zu dem erwarteten Erlöser über Imam Chameen’i aufbauen zu können, nennt er ihn „Heiligkeit der Zeit“ und verehrt ihn mit dem gebührenden Respekt und der entsprechenden Liebe. Denn nach dieser Vorstellung ist Imam Chamene’i der Vertreter des erwarteten Erlösers. Schließlich ist er das amtierende Staatsoberhaupt des ersten und einzigen Staates seit 1400 Jahren, dessen verfassungsmäßiges Oberhaupt der erwartete Erlöser ist. Ist das nicht heilig?

Bliebe noch die Frage, ob jene Ehrungen wie z.B. „Heiligkeit unserer Zeit“ oder „Imam“ sich auf die Person Imam Chamene’is oder auf das Amt (Wali-ul-Amr) beziehen. An dieser Stelle kommen Kritiker mit dem Einwand, dass – Gott bewahre – wenn z.B. Imam Chamene’i jetzt sterben würde (Gott schenke ihm ein langes leben!), dann evtl. Rafsandschani an die Macht käme, und dann würde man ja auch nicht „Heiligkeit unserer Zeit“ oder „Imam“ sagen. Damit wäre bewiesen, dass die Ehrung sich nicht auf das Amt bezieht, sondern auf die Person und daher wäre das ein unzulässiger Personenkult.

Der Einwand scheint schwerwiegend, wenn man die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen des ersten und einzigen Islamischen Staates seit Imam Ali (a.) nicht berücksichtigt. Denn schließlich erfolgt die Ehrung Imam Chamene’is ja nicht, weil er irgendeine heilige Person ist. Sie erfolgt vielmehr, weil er das Oberhaupt des Staates ist, von dem seine Anhänger der festen Überzeugung sind, dass er unter der Obhut des erwarteten Erlösers steht. Insofern steht die Frage, dass ein möglicherweise bezüglich Heiligkeit weniger geeigneter Kandidat die Position einnimmt, gar nicht zur Debatte! Wenn jener Staat vom 12. Imam behütet wird, dann können nur Personen wie Imam Chomeini und Imam Chamene’i jenes Amt bekleiden. Und allein die Tatsache, dass Personen wie Imam Chomeini und Imam Chamene’i dieses für uns alle so bedeutsame Amt seit nunmehr 35 Jahren bekleiden ist für die Anhänger zumindest ein weiterer Beleg für das Wirken des erwarteten Erlösers. Alle anderen Gedanken lenken von diesem Wunder ab, in dessen Gegenwart wir uns befinden und dessen Segen wir in unserer Lebzeit miterleben dürfen.

Als ein kleiner und bescheidener Anhänger der Heiligkeit unserer Zeit Imam Chamene’i werde ich es mir inschaallah nicht nehmen lassen, ihn so zu nennen und ihn zu bitten, Fürsprache für mich bei Gott einzulegen, da ich darin meine einzige Hoffnung sehe, Erlösung zu erlangen. Gott, der Prophet und Seine Ahl-ul-Bait sind mir zwar nah, aber meine verdunkelte Gegenwart ist ihnen fern, so dass ich meine Hoffnung auf denjenigen setze, der für mich direkt erreichbar ist. Wenn andere das anders sehen, weil sie eine andere Heiligkeit der Zeit bevorzugen oder gar direkten Kontakt mit höheren Personen haben, so ist das ihre freie Entscheidung und es steht mir nicht zu, das zu beurteilen. Aber wenn jemand versucht zu verhindern, dass ich meine „Heiligkeit unserer Zeit“ so nenne, dann werde ich ihm immer wieder mit Güte versuchen zu erklären, warum ich das tue.

Ich nutze die Gelegenheit um mich bei den vielen deutschsprachigen Geschwistern zu bedanken, die in letzter Zeit immer mehr von Imam Chamene’i übersetzen, seine Filme veröffentlichen und seinen Namen weitergeben. Möge Gott Euch alle belohnen! Wenn jeder von uns jeden Tag nur 15 Minuten unserem Imam widmet, und wir im deutschsprachigen Raum nur 100 Anhänger wären, dann kämen wir jeden Tag auf 25 Wirkungsstunden; welche eine schöne, unübersehbare Leistung. Nun ist sicherlich nicht jeder in der Lage jeden Tag 15 Minuten diesbezüglich zu wirken und zudem bedürfen einige Arbeiten (wie z.B. das Erstellen von Videos) mehrere Stunden am Stück, so dass diese Personen dann ihr „wöchentliches Pensum“ an einem Tag zusammenfassen kann. Lasst uns den Namen Imam Chamene’is deutlicher in diese Gesellschaft einbringen (sowohl unter Schiiten, als auch unter Sunniten und in die Mehrheitsgesellschaft), damit alle davon profitieren können, inschaallah.


Yavuz Özoguz  
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