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Dürfen Anhängerinnen Imam Chamene’is in Deutschland Fahrrad fahren?

#1 von Yavuz Özoguz , 25.09.2016 21:26

Dürfen Anhängerinnen Imam Chamene’is in Deutschland Fahrrad fahren?

Die Frage klingt für westliche Ohren absurd, ist aber ein Paradebeispiel für die Auswirkung westlicher Propaganda gegen die Befreiungstheologie der Islamischen Republik Iran.

Bevor wir mit dem Iran anfangen und dann auf Deutschland schauen, sei ein kurzer Blick auf Saudi-Arabien erlaubt. Dort ist den Frauen nicht nur das Fahrradfahren, sondern auch das Autofahren verboten. Saudi-Arabien ist der einzige Staat der Erde, in dem Frauen das Autofahren gesetzlich verboten ist! Dennoch wird man in den deutschen Medien nicht halb so viel Hetze gegen Saudi-Arabien zum Autofahrverbot der Frau finden, wie aktuell zum angeblichen Fahrradfahrverbot im Iran. Und über das Fahrradfahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien gibt es gar nichts! Die Erklärung dafür ist ganz einfach: Das tyrannische Königshaus in Saudi-Arabien ist ein Eckpfeiler westlich-kapitalistischer Unterdrückungspolitik in der Region, wohingegen die Islamische Republik Iran den Allmachtphantasien westlicher Multimilliardäre entgegensteht.

Kommen wir nun zu der Fahrrad-Fatwa. Zunächst einmal ist festzustellen, dass diese Fata über 25 Jahre (!) alt ist. Eine Frage an Imam Chamene’i aus dem Ende des 20. Jh. Lautete: Ist es für Frauen – unabhängig von der Notwendigkeit der geeigneten Kleidung – erlaubt Fahrrad oder Motorrad in der Öffentlichkeit zu fahren? Die Antwort lautete, dass es nicht erlaubt sei, weil es Aufsehen erregt und es einer Frau nicht erlaubt ist in der Öffentlichkeit aufsehen zu erregen [1]. Es war damals nach mehreren Nachfragen klar, dass es sich um eine iranspezifische Fatwa handelt. An dieser Fatwa hat sich seit 25 Jahren nichts geändert.

Bevor auf den Inhalt der heutigen Fatwa eingegangen wird, sollte zunächst einmal der Charakter eine Fatwa eines Rechtsgelehrten geklärt werden. Die Fatwa, also das Rechtsurteil eines Rechtsgelehrten ist zunächst einmal nichts weiter als die wissenschaftliche Expertise zu einer Fachfrage. Sie hat keinerlei gesetzlichen Charakter. Für die Anhänger des jeweiligen Rechtsgelehrten sind sie bindend. Für alle anderen nicht! Selbst wenn die Fatwa von dem höchsten Geistlichen der Islamischen Republik Iran stammt, hat sie im Iran keinen Gesetzcharakter.

Dazu sei das Beispiel Krawatte erwähnt. Gemäß Imam Chamene’i ist das Tragen einer Krawatte aus einem bestimmten Grund verboten. Die Antwort auf eine Frage aus den 1990ern lautete folgendermaßen: „Das Tragen einer Krawatte und Ähnlichem, was zur Kleidung und Kostüm der Nichtmuslime gehört, so dass dieses (Tragen) zur Verbreitung der feindlichen westlichen Kultur führt, ist nicht erlaubt, und dieses Urteil ist nicht auf die Bürger des Islamischen Staates begrenzt.“ [2]

Dennoch laufen im Iran viele Leute mit Krawatte herum. Auch deutsche Politiker, die in den Iran reisen, weil sie von dem Investionskuchen etwas abbekommen möchten, schnüren sich den Hals mit einer Krawatte zu. Es gibt hinreichend Fotos von Politikern, wie sie bei Imam Chamene’i mit Krawatte sitzen, wie z.B. der Südafrikanische Präsident Jacob Zuma [3]. Warum wird aber nicht dieser Aspekt breitgetreten in der westlichen Propagandapresse? Warum gibt es keine Schlagzeile wie „Iraner wehren sich gegen Krawattenverbot?“, in dem leicht erhältliche Hunderte von Fotos gezeigt werden, wie Iraner doch Krawatte tragen? Zum einen würde der Propagandacharakter leicht zu durchschauen sein und zum anderen tragen auch westliche Männer sehr ungern dieses Halsband, dass ihnen von angeblich so der freiheitlichen Gesellschaft zu bestimmten Anlässen und Berufen aufgezwungen wird. Jeder wüsste, dass das Tragen einer Krawatte kein „Protest“ gegen Imam Chamene’i wäre, sondern lediglich ein anderes Verständnis über Kleidung. Außerdem könnte man kaum die Lüge verbreiten, es sei staatlich verboten, denn es gibt zu viele, die ungeschoren aus dem Iran mit Krawatte davon gekommen sind.

Ganz anders ist die Propagandalage bezüglich Fahrräder. Hier ist die Kontrollmöglichkeit eher begrenzt. Es gibt kaum Fahrradfahrer auf Teherans Straßen, weder männliche noch weibliche. Der Grund ist nicht irgendeine Fatwa, sondern weil es lebensgefährlich wäre auf Teherans Straßen Fahrrad zu fahren und es kaum Fahrradwege gibt. Gleichzeitig wird impliziert, dass Frauen im Iran gerne Fahrrad fahren würden und es aufgrund einer Fatwa nicht dürften. Auf Teherans Straßen gibt es kaum Fahrradfahrerinnen und schon ist die Mischung für den Propagandabrei perfekt. Angeblich würden sich jetzt Hunderte iranischer Frauen mutig auf das Fahrrad schwingen, um gegen die Fatwa zu protestieren, indem sie dann ihre Fotos ins Internet posten [4]. Das ist aber kein besonders mutiger Akt angesichts der Tatsache, dass ihr Handeln gar nicht verboten ist.

Analysieren wir nunmehr die Nachricht selbst. Wo und wie ist sie entstanden? Die erste Meldung dazu kam am 13. September (mehrere Wochen nach der neuen Fatwa) beim „Nationalen Widerstandsrat des Iran“ [5]. Das ist der offizielle Name der Terrororganisation „Volksmudschahedin“ die bisher mehr als 70.000 Menschen im Iran durch Terroranschläge ermordet haben, die meisten davon unschuldige Zivilisten. Weil jene Organisation von den USA und Europa nach wie vor stark unterstützt wird, war es wichtig, den Namen jener Organisation als Quelle anzugeben, um die Terroristen hoffähig zu halten, was danach auch einige getan haben wie der Amrican-Iranian Council [6], um die Terroristen hoffähig zu halten. In späteren Meldungen, wie z.B. bei der BBC wurde die Quelle einfach „verschluckt“. Doch was war die Quelle der Terroristen? Sie geben an: „The state-run media, September 10, 2016” (Staatliche Medien 10.9.2016). Das ist natürlich eine besonders „zuverlässige“ Angabe angesichts der Tatsache, dass noch nicht einmal klar ist, ob es sich um eine Zeitung oder einen Sender handelt. Dabei wäre es gar nicht so schwer, die Fatwa zu finden (einmal abgesehen von der 25 Jahre alten Version). Die neue Version befindet sich auf der Internetseite Imam Chamene’is selbst [7]. Die Seite ist allerdings auf Persisch und man kann nicht von jedem westlichen Propagandajournalisten, der über den Iran schreibt, erwarten, dass er Persisch kann. Aber zumindest die volksheuchlerische persischen Terroristen können doch Persisch? Oder können die auch nur englisch, wie deutsche Journalisten, die nur aus dem englischen abschreiben? So ist der reißerische Artikel dazu im Stern [8] fast eine Kopie der englischen BBC-Version.

Wie aber ist der Inhalt der Fatwa zu beurteilen? Zunächst einmal handelt es sich nicht um eine art allgemeine Fatwa, sondern um die Beantwortung einer spezifischen Frage, die mit abgedruckt ist und sich auf frühere Aussagen bezieht; oder anders ausgedrückt: Der Fragende fragt, ob sich seit den letzten 25 Jahren etwas geändert hat bezüglich des Fahrradverbots wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und erhält die Antwort: Nein.

In jedem Land gibt oder gab es das Delikt „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Zugegeben, das ist für die Jugend in Deutschland eher ein Relikt aus früheren Zeiten. In einem Land in dem eine nackte Schweizerin in der Öffentlichkeit Eier legt [9] und selbst das nicht als Erregung öffentlichen Ärgernisses betrachtet wird, sondern als „Performance“ und Kunst gilt, kann man schwerlich verstehen, dass es in anderen Gesellschaften andere Grenzen gibt. Noch weniger kann man verstehen, dass der oberste Geistliche der Islamischen Republik Iran – der ja als Diktator dargestellt wird – eine bestimmte Handlung als verboten einstuft, und dieses Verbot keinerlei juristische Relevanz hat. Kurz: Eigentlich versteht man gar nichts von der Islamischen Republik Iran, weder von der Kultur, noch vor der Religion und schon gar nicht über die Menschen. Aber mit dem Blickwinkel der westlichen Allmachtsarroganz be- und verurteilt man etwas, von dem man keine Ahnung hat.

Die Frage bleibt: Ist das Fahrradfahren für Imam Chamene’i-Anhänger verboten; auch in Deutschland? In Hamburg sitzt der ranghöchste schiitische Gelehrte Europas, Mitglied im Expertenparlament im Iran und gleichzeitig Vertreter Imam Chamene’is in Deutschland. Er leitet unter anderem das Islamische Zentrum Hamburg, eine der ältesten und schönsten Moscheen Deutschlands. Dutzende muslimische Frauen besuchen die Moschee zu bestimmten Veranstaltungen mit dem Fahrrad. Nie wurde jemand darauf aufmerksam gemacht, dass es verboten sei. Das ist auch kein Wunder, denn es geht hier nicht um irgendwelche Frauen oder Fahrräder. Es geht ausschließlich um den westlichen Propagandakrieg gegen die Heiligkeit unserer Zeit Imam Chamene’i! Es geht darum, dass er zum Flaggenträger des Widerstandes gegen den unmenschlichen Raubtierkapitalismus aufgestiegen ist und die Kapitalisten das nicht ertragen können. Es geht darum, dass er Gerechtigkeit für diese Welt einfordert. Es geht darum, dass er glaubhaft den Einsatz and er Seite der Unterdrückten der Welt repräsentiert und immer mehr Völker sich ihm anschließen und sich gegen die Allmachtphantasien westlicher Multimilliardäre stellen. Da man diesen wichtigen Lebensaspekt des Imams kaum öffentlich angreifen kann, ohne noch mehr Menschen in seine Arme zu lenken, muss man Fahrräder von Frauen auf Teherans Straßen instrumentalisieren. Die Hilflosigkeit dieser Propaganda ist ein Beweis für die zunehmende Inhaltslosigkeit des westlichen Raubtierkapitalismus.

Lange, bevor die westliche Welt einen erneuten Propagandafeldzug gegen Imam Chamene’i eröffnet hat, haben die Iraner selbst bereits öffentlich über diese Fatwa diskutiert. Keine geringere Zeitung als die Teheran Times hat das Thema ausführlich thematisiert [10], und zwar am 29. August, also zwei Wochen, bevor die vom Westen unterstützten Terroristen den Propagandastartschuss abgegeben haben. Die Teheran Times wird vom Westen beschuldigt, vom iranischen Geheimdienst betrieben zu werden [11]. Darin wird unter anderem die Vizepräsidentin für Frauen- und Familienangelegenheiten Schahindocht Molawerdi zitiert, wie sie in ihrem eigenen Twitter-Account Imam Chamene’i zitiert, der das Fahrradfahren durchaus erlaubt sind, so lange die religiöse Moral eingehalten wird (wie die angemessene Kleidung).

Bliebe noch die Schlussfrage, warum ich nicht bei Ay. Ramezani nachfrage, um dann die religionsrechtliche Aussage für Deutschland zu übermitteln. Ich habe gefragt! Aber solch hohe Gelehrte haben einen derart engen Terminkalender, dass sie Fragen um Fahrräder nicht als oberste Priorität betrachten können und daher die Antwort einige Tage dauern kann. Diese Zeit gewähren heutzutage westliche Journalisten niemandem, bevor sie ihr Gift verbreiten. Angesteckt von dieser Hektikkrankheit, haben auch viele Muslimas wenig Geduld, so dass ich die letzten Tage derart mit Fragen bombardiert worden bin, dass ich diesen Text vorwegschicke. So Gott will, reiche ich eine mögliche Antwort nach – falls das angesichts der klaren Faktenlage überhaupt noch nötig ist!

[1] http://www.islam-pure.de/imam/imam_gb/fa...20motor%20bikes
[2] http://islam-pure.de/risala2/nachahmung_der_unglaeubigen.htm (Frage 300)
[3] http://www.iran-daily.com/News/140158.html
[4] http://www.altmuslimah.com/2016/09/irani...atwa-grab-bike/
[5] http://ncr-iran.org/en/ncri-statements/w...riding-bicycles
[6] http://www.us-iran.org/news/2016/9/17/ir...-september-9-16
[7] http://www.leader.ir/fa/content/16227/%D...%88%D8%A7%D9%86
[8] http://www.stern.de/politik/ausland/iran...an-7071388.html
[9] http://www.20min.ch/schweiz/news/story/N...d-Eier-27004671
[10] http://www.tehrantimes.com/news/405882/C...yclists-in-Iran
[11] https://en.wikipedia.org/wiki/Tehran_Times


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zuletzt bearbeitet 25.09.2016 | Top

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#2 von Yavuz Özoguz , 09.10.2016 15:54

Erklärung zum Rechtsurteil bezüglich des Fahrradfahrens
durch
Dr. Hamidreza Torabi
Direktor der Islamischen Akademie Deutschland

http://www.islamische-akademie.de/erklaerung-zum-rechtsurteil-bezueglich-des-fahrradfahrens/


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zuletzt bearbeitet 09.10.2016 | Top

   

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