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Keine Doppelzüngigkeit bei Lösung der Probleme im Nahen Osten zulassen

#1 von Brigitte Queck , 15.04.2012 19:53

Iran Akteur für den Frieden im Nahen Osten oder mehr Öl ins Feuer?
von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait



„Krieg ist ultima irratio.“

Dieser Satz ist von Willy Brandt. Mit Hinsicht auf den Springer-Verlag gilt die treffende Frage vom Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, Gregor Gysi: „Ist es wirklich in Ihrem Verlag so weit gekommen, dass Warnungen vor Krieg und Werben für den Frieden gegen Ihre verlegerischen bzw. unternehmerischen Absichten verstoßen?“ Krieg und Militarisierung lösen keine Probleme, weder in der Nahost-Region, in Syrien noch sonst irgendwo auf der Welt. Kriegsdrohungen und Kriegsvorbereitungen vergiften nur die politische Atmosphäre.

Günter Grass hat recht. Davon ist nichts zurück zu nehmen. Bei den Medien verblüfft allerdings, dass sie bei ihren Anfeindungen gegen Grass die aktuelle Nachrichtenlage unberücksichtigt lassen, die eben in keinster Weise im Gegensatz oder Widerspruch zu Grass Anmerkungen steht, sondern ihn stützt. Die Front der Medien wird gegen Grass gemacht, ohne auf Argumente, ohne auf Tatbestände einzugehen. Einige Berichte und Kommentare enden sogar mit persönlichen Diffamierungen. Die Medien erscheinen, wie schon so oft in Angelegenheiten von Krieg und Frieden, gleichgeschaltet. Uniforme öffentliche Meinungsäußerung hat aber mit einer pluralistischen demokratischen Kultur und Gesellschaft nichts zu tun. Günter Grass hat die Medien herausgefordert, aber er erhält keine qualifizierte Antwort von ihnen. Sie steht noch aus. Ein erbärmlicher Zustand, wenn bestimmte wichtige Themen aufgrund von Inkompetenz oder Befangenheit einfach ausgeklammert werden.

Der zentralen Frage vom Günter Grass wird ausgewichen, nämlich der, ob es stimmt, dass Israel dem Iran mit einem militärischen Angriff droht. Die Weltöffentlichkeit, nicht nur die deutsche, weiß, dass es stimmt. Was soll es bringen, dies zu verschweigen, zu leugnen und darüber zu lügen? Hinsichtlich dieser Kriegsdrohung müsste sich doch jeder Journalist die Frage stellen, ob man nicht alles tun muss, um einen solchen Krieg zu verhindern.

Die Behauptung vieler Medien, Grass habe Israel angegriffen, ist nicht nur ärgerlich, sondern beschämend und lächerlich, eigentlich eine unverschämte Flegelei. Richtig ist natürlich, dass er die Regierung Israels kritisiert und die deutsche Bundesregierung dazu. Die Menschen in Israel selbst wollen keinen Krieg gegen den Iran und sie sind es, mit denen sich die deutsche Öffentlichkeit verbunden fühlen sollte, doch nicht mit einer verbrecherischen Regierung! Die Versuche der israelischen Regierung, in der Region eine Vormachtstellung durch Krieg und Besetzung einzunehmen beziehungsweise auszubauen, werden als Gefahr für die Menschen nicht nur im Iran, sondern im gesamten Nahen und Mittleren Osten gesehen. Das bekannte Klischee vom Antisemitismus ist schon zu oft strapaziert worden, um bei aufgeweckten Menschen zu verfangen.

Die führenden deutschen Medien sollten sich einmal ohne Vorurteile folgenden Kernpunkten widmen:
1. Krieg ist kein Mittel der Politik von zivilisierten Staaten und entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage und Legitimität. Er führt nur zu Katastrophen, erst Recht im Fall des Angriffs auf den Iran, und zwar für den ganzen Nahen Osten und den Rest der Welt.
2. Wer spricht dennoch von militärischen Mitteln, also von Angriffskrieg, als Mittel, das nicht vom Tisch ist? Der Iran?
3. Wer heizt trotz aller offensichtlicher Kriegsgefahr im Nahen Osten die Lage durch Waffenlieferungen und Lieferung von Ausrüstung wie atomwaffenfähiger U-Boote die Lage dort noch an? Der Iran?

Die Partei Die Linke ist die einzige im Deutschen Bundestag vertretene Partei, die geschlossen und mutig gegen jede Art Krieg auftritt. Außer ihnen lassen sich deutsche Politiker und Journalisten allesamt als ertappte Lügner von Günter Grass vorführen: Ihr ständig wiederholter axiomatischer Ausgangspunkt, Iran arbeite am Bau von Atomwaffen, ist nicht nur gänzlich unbewiesen, sondern widerspricht auch den veröffentlichten Erkenntnissen aller westlichen Regierungen, einschließlich der israelischen. Besonders viel gelogen wird darüber im Springer-Verlag, bei der Welt. Soll das dort und anderswo eine Art zeitgenössischer Ablasshandel sein, den man meint mit Israels Eliten auf diese Weise eingehen zu müssen wegen der Verbrechen im Dritten Reich, anstatt sich ordentlich mit diesen Verbrechen und ihren verantwortlichen Führungsfiguren auseinanderzusetzen, Figuren, die vom Springer-Verlag und Gefolge in der westdeutschen Bundesrepublik auch noch ungeschoren, ja kritiklos in Amt und Würden zugelassen wurden? Welche abstoßende erbärmliche Charakterlosigkeit!

Der Westen muss alle Forderungen und Versuche nach einem Regimewechsel in Syrien und Iran fallen lassen. Lähmende Sanktionen, verdeckte Aktionen und Militärschläge sind kriminelle Handlungen und müssen von der Politik als solche angesehen und ausgeschlossen werden. Hoch aktuell verurteilte das Kirchenoberhaupt der Katholischen Kirche, Summo Pontifex Benedikt XVI., die US-Blockade gegen Kuba und erklärte, es sei der Auftrag Gottes, der Welt Liebe, Versöhnung und Frieden zu bringen. Die päpstliche Verurteilung der Wirtschaftssanktionen gegen die karibische Insel war zu erwarten und ist als grundsätzliche Ablehnung jeder Sanktionspolitik gegen welches Volk auch immer zu bewerten. Von allen Seiten nimmt deshalb derzeit der Druck auf das mächtigste Land der Welt zu, seine aggressive Politik gegenüber Kuba und anderen Völkern zu revidieren.
Indessen stimmen die USA, die EU und sogar Israel in drei Punkten überein: Teheran besitzt keine Atom-Bombe, hat sich nicht für den Bau einer Atom-Bombe entschieden und ist vom Besitz eines transportierbaren atomaren Sprengkopfs Jahre entfernt. Irans gegenwärtiges Atomprogramm stellt daher keine unmittelbare Bedrohung dar. Das lässt Raum und Zeit für eine erfolgreiche Diplomatie.

Das ARD/ZDF-Mittagsmagazin vom 11.4. um 13 Uhr gab hoffnungsvolle Nachrichten hinsichtlich Syrien bekannt, wies aber auch auf Hindernisse für den Friedensplan von Kofi Annan hin. Die Mission von Kofi Annan in Damaskus beim Präsidenten Baschar Al-Assad sei erfolgreich gewesen. Der ehemalige UN-Generalsekretär äußere sich zuversichtlich, was seinen Friedensplan betreffe. Der Waffenstillstand kann seitens der Regierung vom 12.4. an in Kraft treten. Der syrische Präsident stimmte ihm zu. Fraglich ist, ob die bewaffnete Opposition sich an ihn halten wird, die von Katar, Saudi-Arabien und Golf-Emiraten angestiftet wird, weiter gegen die offizielle syrische Regierung zu kämpfen. Es ist allgemein bekannt, dass solche reaktionären arabischen Länder Marionetten der USA sind, nämlich der reaktionären US-Neokonservativen.

Kofi Annan reiste nach seinem Besuch von Damaskus weiter nach Teheran und hielt dort ein erfolgreiches Gespräch mit dem iranischen Außenminister, der sich für den Friedensplan von Kofi Annan entschlossen manifestierte und Iran als Akteur für den Frieden im Nahen Osten erklärte. Es war ein gutes Signal vom ARD/ZDF-Mittagsmagazin (11.4.), diese Nachricht sachlich zu veröffentlichen. Die Fragen des Moderators an den Korrespondenten in Damaskus hätten es allerdings unterlassen müssen, die Betonung auf Krieg und militärische Intervention zu legen, als ob die ARD/ZDF-Redaktion des Mittagsmagazins danach brennen würde. Was sollte es bedeuten, in jener Nachrichtensendung Deutschland ins Spiel zu bringen und dabei die vernünftige deutsche Haltung im grausamen Krieg gegen Libyen kritisch darzustellen? Derselbe Moderator formulierte im Mittagsmagazin am 12.4. um 13 Uhr eine substanzlose Phrase, nämlich „Deutschland hätte im Fall Libyen „viel Porzellan zerschlagen“. Der Moderator hätte aber stattdessen die Waffenruhe in Syrien grundsätzlich begrüßen müssen. Welches zerschlagene Porzellan meinte der kurzsichtige Moderator? Ist das Porzellan der Versuche Frieden zu stiften gemeint, das an der Dickhäutigkeit der Aggressoren gegen Libyen abprallte und zerschlug, an der jeder Versuch des Friedensstiftens zerschellte?

Den Annan-Plan einzuhalten ist nicht nur Sache der Assad-Regierung, sondern auch der Opposition, die ihre Kämpfe einstellen muss. Diese klare selbstverständliche Linie müsste der deutsche Außenminister zusammen mit allen europäischen Außenministern einsehen und mittragen, anstatt einseitige Forderungen an die syrische Regierung zu richten („Syrien verspricht Ende der Gewalt“, SZ vom 12.4.). Die Einseitigkeit von Westerwelle steht im eklatanten Widerspruch zum Friedensplan von Kofi Annan, der von den Aufständischen die explizite Zusage verlangt, die Waffenruhe ebenfalls einzuhalten. Dazu sind die Rebellen aber nicht bereit, weil für sie als Gefolgsleute der USA und ihrer reaktionären arabischen Marionetten keine andere Lösung als der Sturz des Regimes in Damaskus in Frage kommt. Es ist deshalb nicht nur bedauerlich, sondern völlig unprofessionell, dass ein europäischer Außenminister, wie Guido Westerwelle, der während des Kriegs gegen Libyen bittere Erfahrungen über die hinterlistigen Hindernisse der USA gegen eine politische friedliche Lösung sammeln konnte, noch dazu eine friedliche Lösung, die er selbst als deutscher Außenminister begünstigte, jetzt in den Chor der bewaffneten Rebellen einstimmt und nicht die klaren Worte und Kraft der UN-Diplomatie unterstützt. Das Außenministertreffen des G-8 in Washington (12.4.) gibt die Chance, die von ihnen unterstützen Oppositionellen in Syrien auf den Friedensplan von Kofi Annan festzulegen. Allerdings scheint das nicht zu geschehen. Im Gegenteil. Schon der syrische Außenminister Walid Muallem warf den Rebellen bei einem Besuch in Moskau vor, ihre Angriffe zu verschärfen. Außerdem beschuldigte der syrische Außenminister die Türkei, den Plan des UN-Sonderbeauftragten und ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan hintertreiben zu wollen. Offensichtlich muss nicht nur die Regierung Assad, sondern auch die Opposition ihre Kämpfe einstellen. Dazu wäre ein kräftiges Wort aus dem Weißen Haus und vom G-8 Außenministertreffen in Washington notwendig. Gerade zu Beginn des Waffenstillstandes, am Tag des G8-Treffens, hätten die Aufständischen zur Vernunft gerufen werden müssen. Der syrische Präsident Assad, der sofort dem Annan-Plan zustimmte und den Waffenstillstand anordnete, behält sich natürlich das Recht vor, auf Angriffe von Bewaffneten zu reagieren.

Die schon bekanntgegebenen Tatsachen verlangen Unterstützung von den zivilisierten Medien: Über die Hälfte der syrischen Bevölkerung steht hinter dem Präsidenten Assad. Der Präsident billigte den Friedensplan und den Dialog mit der ganzen Opposition. Er will den Waffenstillstand gelten lassen. Einziges Hindernis ist der bewaffnete Aktionismus einer militanten Opposition, die von Katar und Saudi-Arabien weiter bewaffnet wird. Aus der Türkei kommen auch bewaffnete Gruppen nach Syrien. Was tun die USA in dieser Lage? Bremsen sie ihre Marionetten, halten die Meute an der Leine oder schütten sie mehr Öl ins Feuer?

In diesem Zusammenhang appellierte der russische Außenminister Sergej Lawrow zu Recht an die Staaten der internationalen Gemeinschaft, ihren Einfluss bei der syrischen Opposition geltend zu machen und sie zu einem Waffenstillstand zu drängen. Die Medien sollten, wenn ihnen der Schutz von Menschenleben etwas bedeutet, nicht die Hauptanstifterin zur Gewalt und Destabilisierung Syriens in den Mittelpunkt stellen und sie zu Wort kommen zu lassen, wie im Mittagsmagazin vom 12.4. extrem ungeschickt geschehen mit einer durchtriebenen amerikanischen Außenministerin, die, wie man heute weiß, hinter der bewaffneten Meute steckt. Stattdessen wäre es glaubwürdig und ernsthaft angebracht, den Autor und Motor des Friedensplans, nämlich den Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft und ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan in Wort und Bild in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zu rücken, der sich eindeutig und uneingeschränkt für die politische Lösung, für den Dialog in Syrien einsetzt, wie viele Regierungskanzleien der Welt es begrüßen und besonders nachdrücklich die beiden Länder Russland und China mit ihren Außenministern.

Brigitte Queck  
Brigitte Queck
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