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Gewand Josefs – wo warst Du letzte Nacht?

#1 von Yavuz Özoguz , 08.07.2015 09:54

Gewand Josefs – wo warst Du letzte Nacht?

Das Gewand Josefs wird so genannt, weil es im Heiligen Qur’an explizit im Zusammenhang mit Josef (a.) erwähnt wird. Doch es könnte auch Gewand Abrahams heißen, hat es ihn (a.) doch von den Auswirkungen des Feuers bewahrt. Es könnte Gewand Jakobs genannt werden, da es Jakob (a.) das Augenlicht wiedergegeben hat. Als Gewand Josefs hat die irdische Macht mit den Händen Suleikas es hinterrücks zerrissen. Aber es wurde wieder genäht, denn das Irdische hat keine Macht über die Träger dieses Gewandes. Es könnte auch Gewand des besten aller Menschen Muhammad (s.) genannt werden, denn er war der größte Träger jenes Gewandes. Und es könnte auch Gewand Imam Alis (a.) genannt werden. Doch wo war das Gewand gestern Nacht? Warum hat das Gewand, das Abraham (a.) vom Feuer und Josef (a.) vor dem Brunnentod gerettet hat und Jakob (a.) das Augenlicht wiedergab, nicht die Seelenspiegelung der höchsten Menschlichkeit geschützt?

Imam Ali (a.) wollte sich vor zwei Nächten niederwerfen, wie er es so oft tat. Aber dieses Mal – so wusste er – wird es eines seiner letzten Niederwerfungen sein. Ein Verdammter namens Ibn Muldscham stellte sich hinter ihm auf und stach auf ihn mit einem vergifteten Messer hinterrücks ein, als Imam Ali (a.) die höchste körperliche Stufe der Gottesanbetung feierte: Er befand sich im Zustand der Niederwerfung. Eine Niederwerfung des Körpers eines solchen Menschen ist die höchste Stufe der Himmelfahrt seiner Seele. Wie oft hatte der erste der Imame, der größte Gefährte des Besten aller Schöpfung, die weitergelebte Liebe Muhammads (s.), diese Niederwerfung schon vollzogen. Aber diese Mal sollte es eine andere Niederwerfung sein. Der Körper, der unter den schwersten Verwundungen im Verteidigungskampf für den Propheten der Liebe Blut über Blut vergossen hatte und nie dabei gestürzt war, dieser Körper brach jetzt in sich zusammen.

Was war geschehen? Warum wollte er dieses Mal nicht wieder aufstehen? Der Prophet (s.) war nicht mehr da, seine geliebte Frau Fatima (a.), die beste aller Frauen war nicht mehr da, was sollte er noch in dieser Welt? War er nicht nur deshalb geblieben, weil die Liebe zu seinem Schöpfer noch größer war als die Liebe zum Propheten (s.) und zu Fatima (a.). Und liebte er diese besten Geschöpfe des Schöpfers der Liebe nicht aus Liebe allein zu Ihm? Jetzt aber riefen sie im Namen Gottes. Der Schöpfer sagte ihm, dass er noch zwei Tage haben wird, der Prophet der Gnade rief ihn zu sich, Fatima rief ihn zu sich, die früheren Propheten und Träger des Gewandes riefen ihn allesamt, damit das Paradies eine weitere Ehre erhalten sollte, durch sein Kommen. Das Paradies selbst erlebte die höchste Erwartungsfreuden.

Doch noch sollte es zwei Tage dauern, zwei Tage, in denen der Todesengel Azrail (a.) am liebsten wieder davon gegangen wäre. Imam Ali (a.) aber hatte ihn gerufen, um seine Seele zu übergeben. Hatte nicht Azrail noch den unglaublichen Schmerz in sich, als er Rasulullah abholen sollte. Er sah damals Rasulullah (s.) betrübt und wollte schon wieder abziehen. Doch Rasulullah befahl ihm zu bleiben und erklärte, dass seine Betrübnis nur der Tatsache geschuldet sei, dass er (s.), der größte aller Diener Gottes, jetzt nicht mehr dienen könne! War es nicht schmerzhaft für Azrail (a.), als er Fatima (a.) abholen sollte. Viel lieber hätte er diejenigen abgeholt, die ihr (a.) Leiden und Schmerz verursacht hatten. Doch die Hoffnung, die beste Tochter mit dem besten Vater zusammen zu bringen, konnte den so gefühlsstarken Engel besänftigen. Wie hatte er doch mitgelitten, als die Engel sich vor den Menschen niederwerfen sollten. Er hatte erahnt, welches Unheil die Menschen anrichten würden. Aber als ihm gezeigt wurde, vor wen er sich niederwerfen sollte, tat er es voller Dankbarkeit! Er gehörte nicht zu demjenigen, der sich als etwas Besseres wähnte, sondern er wusste, welche besten Menschen da vor ihm standen, welche Namen ihm von Adam (a.) gelehrt wurden. Und jetzt, jetzt sollte er Imam Ali (a.) abholen. Imam Ali (a.) musste nur noch wenige Aufgaben erfüllen. Das Vermächtnis musste überreicht werden an Imam Hasan (a.). Die Bundeslade mit allen Büchern, den Heiligen Qur’an in der Handschrift Imam Alis (a.), das Schwert, das ein letztes Mal in Kerbela zum Einsatz kommen sollte, bis es in 1400 Jahre verborgen werden würde, und das Gewand. Das Gewand musste übergeben werden an den nächsten Träger der Wahrheit.

Die Christen ehren heute ein Gewand, das nachweislich gar nicht von Jesus (a.) getragen worden sein kann, nur in der Vermutung und Hoffnung, dass er es möglicherweise doch getragen haben könnte. Was ist mit uns Muslimen, dass wir weder das Gewand der Wahrheit noch den Träger hinreichend ehren?

Nachdem auch das Gewand überreicht worden ist, hat sich Imam Ali (a.) von allen seinen Nahen verabschiedet. Immer wieder fiel er in Ohnmacht und sah die Welt, die ihn gerufen hat. Aber immer wieder kam er zurück, um auch die letzten Aufgaben zu erfüllen. Von Imam Hasan (a.) hat er sich in Ehren verabschiedet mit dem Aufruf zur Geduld und Standhaftigkeit. Er sollte den Körper waschen, der so oft als Schutzschild des Propheten (s.) gedient hatte. Von Imam Husain (a.) hat er sich in Ehren verabschiedet mit dem Aufruf zur Geduld und Standhaftigkeit, denn Imam Ali (s.) wusste, dass beide Jünglinge der Befreiung ihm schon bald folgen sollten. So schmerzhaft der Abschied war, so sehr konnten sich diese Helden des Islam zusammenreißen. Dann aber kam der Abschied von Zainab. Der gleiche Mann, der den Propheten (s.) blutüberströmt unter schwersten Verletzungen ein Leben lang geschützt hatte, der gleiche Mann, der nie in seinem Leben eine Träne vergossen hatte, wenn er eigene Opfer bringen sollte und das mit der Liebe eines von der Flut Kauthars berstenden Herzen getan hatte, jener Mann konnte die Tränen, die er im Gesicht seiner Tochter sah, kaum ertragen und musste ebenfalls weinen. Er (a.) weinte aber nicht, weil er sich verabschieden musste, sondern er weinte, weil er wusste, was diese zarte Tochter miterleben wird und was sie noch zu ertragen hat. Die Tränen der Wahrhaftigen fielen auf das Gewand, das selbst so hilflos mitansehen musste, wie sein großer Träger sich verabschiedete. Und dann kam der Zeitpunkt des eigenen Abschieds. Kein Gebet, kein Flehen und Klagen von anderen, keine Kraft auf Erden hätten ihn (a.) zurück halten können. Er (a.) hatte seine Mission erfüllt und wusste das. Je näher der Zeitpunkt des Abschieds kam, umso glücklicher wurde der Imam. Es gab nur noch einen Satz zu sprechen: Labbaik ja Allah! Hier bin ich oh Gott!. Das Gewand ging über in die Hände des nächsten der Ahl-ul-Bait.

Ein Gefährte Imam Sadiq (a.) namens Mufassil erzählt, dass eines Tages Imam Sadiq (a.) ihn fragte, „Weißt du, was das Gewand von Josef (a.) war?“ Mufassil äußerte seine Unkenntnis darüber. Der Imam Sadiq (a.) sagte: „Als Abraham (a.) in das Feuer von Nimrod [namrud] geworfen wurde, sandte Allah ein Gewand für ihn. Dieses Gewand wurde nicht beeinträchtigt von extremer Hitze oder Kälte. Abraham (a.) gab dieses Gewand zum Zeitpunkt seines Ablebens an Isaak (a.) weiter. Dann kam es zu Jakob (a.), der es im weiteren Verlauf an seinen Sohn Josef (a.) überreichte. Dies war das gleiche Gewand, an dem Jakob (a.) roch und sagte, er hätte den Geruch seines Sohnes Josef (a.) darin gerochen." Mufassil fragte den Imam (a.), „Und dann, an wen ging dann das Gewand?“ Imam Sadiq (a.) sagte: „Das Gewand ging dann an diejenigen über, die es verdient haben, die Ahl-ul-Bait (a.). Es ist nun bei uns zusammen mit anderen Heiligen Relikten, nämlich der Bahre der Bundeslade, die Waffen und Panzerrüstung des Propheten (s.), etc. Derjenige, der diese Dinge besitzt, ist der Statthalter und Nachfolger des Propheten (s.).“

Heute warten wir auf die Rückkehr des Trägers jenes Gewandes. Doch wir können uns im Herzen sehr gut darauf vorbereiten. Jeder, der ein Stück vom Gewand des Wali-ul-Amr Muslimin Imam Chamene’i höflich erbittet, und sei es nur im Herzen, betet für die Rückkehr des wahren Gewandes. Wie töricht sind manche Muslime, wenn sie in aller Öffentlichkeit genau diese Liebe kritisieren und glauben, sie könnten den erwarteten Erlöser erreichen, indem sie ganz bewusst Stimmung gegen Imam Chamene’i machen. Man kann sich nicht an einem Seil festhalten, das nicht bis zu unseren Händen reicht.

Letzte Nacht ist Imam Ali (a.) zum Schöpfer zurückgekehrt. So heilig die letzten beiden heiligen Nächste bei der Verletzung Imam Alis (a.) vor drei Tagen und dem Martyrium Imam Alis (a.) gestern Nacht waren, so sehr steht uns noch eine weitere Nacht bevor, in der wir unsere Wünsche, unsere Bittgebete und unsere Sehnsüchte formulieren können. Wir formulieren sie nicht, weil der Schöpfer nicht wüsste, was wir uns wünschen. Wir formulieren sie, damit wir selbst wissen, was wir wollen und damit wir über unsere Zunge die Liebe einziehen lassen in unsere Herzen. Wir beten für die vielen Bedürftigen, Kranken, Schwachen und Durstigen, die wir kennen. Wie dankbar müssen wir doch für jeden Atemzug sein, den wir in dieser gesegneten Zeit mit der Heiligkeit unserer Zeit verbringen dürfen? Wir beten für unseren Lieben, für die Verwandten und Bekannten, für die Freunde aber auch Gegner. Gestärkt durch drei Wochen Fasten und drei heilige Nächte begeben wir uns dann in den friedlichen Einsatz im heutigen Kernkonflikt der Menschheit beim Quds-Tag. Wir stellen uns an die Seite des ewigen Abel in seiner Opferbereitschaft gegen Kain. Kain erhebt seine mörderische Hand. Wir erheben unsere Stimme. Der Rabe leitet Kain, uns wird mit Abel die Dankbarkeit zuteil, vom Imam gleitet werden zu dürfen.

Auch deshalb beten wir vor allem für den Imam. Möge Allah Imam Chamene’i die Gnade erweisen, dass er die Rückkehr des erwarteten Erlösers einleiten und eines Tages die Flagge überreichen darf. Und wir beten zur Quelle aller Liebe:

O Jener, Der jenen, die Ihn rufen, antwortet,
o Jener, Der von jenen, die Ihm gehorchen, geliebt wird,
o Jener, Der jenen, die Ihn lieben, nahe ist,
o Jener, Der jene, die Ihn um Behütung bitten, bewacht,
o Jener, Der gegenüber jenen, die auf Ihn hoffen, großzügig ist,
o Jener, Der nachsichtig mit jenen ist, die ihm gegenüber ungehorsam sind,
o Jener, Der in Seiner Größe barmherzig ist,
o Jener, Der in Seiner Weisheit groß ist,
o Jener, Der in Seiner Güte ohne Anfang ist,
o Jener, Der um jene weiß, die Ihn erstreben.
Gepriesen bist Du, o außer Dem es keinen Gott gibt.
Hilfe! Hilfe! Befreie uns von dem Höllenfeuer, o Herr.

Yavuz Özoguz  
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