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1.Weltkrieg Gedanken

#1 von Brigitte Queck , 13.04.2015 16:50

Erinnerung an den Beginn des 1. Weltkrieges 1914

1914: Anfang einer Geschichte, die immer noch nicht beendet ist

von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait Juristin und Diplomatin a.D.

Im Leitartikel der Süddeutschen Zeitung (11.1.14) "Das Gedenkjahr 1914, 1939, 1989" von Franziska Augstein ist der Bezug auf das Attentat gegen den österreichischen Thronfolger Ferdinand im Juni 1914, was den Ersten Weltkrieg betrifft, fehl am Platz. Franziska Augstein hätte sich diese Referenz ersparen sollen, denn es handelte sich damit um einen Kriegsvorwand. Hätte Ferdinand damals kein Spaziergang mit seiner Frau gemacht, hätte es also kein Attentat gegeben, hätten die Planer des Krieges einen anderen Vorwand gesucht und gefunden, um ihre lang geplante und gewollte Aggression durchzuführen, denn der Krieg, der zum Ersten Weltkrieg wurde, war von einer bestimmten kleinen Clique in Berlin geplant, gewollt und entschieden.

Es handelt sich um einen Tatbestand, der noch immer im Magen der Deutschen liegt, unverdauter denn je, wie Sebastian Haffner im Vorwort seines kompakten Buches "Die Sieben Todsünden des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg" richtig bemerkt. Sebastian Haffner geht mit den Deutschen, besser gesagt mit der westdeutschen Machtclique ins Gericht. Er wirft ihr vor, sich niemals mit der Wahrheit konfrontieren zu wollen. Diese Machtclique weigere sich, die wiederholte Schuld anzuerkennen, und zwar nicht nur für den Ausbruch des Ersten, sondern auch für den Zweiten Weltkrieg. Danach praktizierten sie weiter dieselbe Aggressionspolitik. Kurzum: Diese Aggressions- und Expansionspolitik ist dieselbe geblieben, denn auch die westdeutschen Nachfolger jener alten vermögenden Familien, ihrer Günstlinge und Bewunderer haben sich mit den zwei krassen Niederlagen nie abgefunden und glauben immer noch, die fehlgeschlagene, auf militärischer Stärke basierende Politik besser und erfolgreich führen zu können - siehe die verteidigungspolitischen Richtlinien -, anstatt eine Friedenspolitik zu betreiben. Eine Friedenspolitik hat zunächst in Bonn und dann in Berlin noch nie wirklich stattgefunden.
Infolgedessen ist bei der Kette von 1914 bis 1939, weiter zur NATO-Aggression 1998/99 gegen Belgrad und zur aktuellen Aggression gegen Syrien derselbe verhängnisvolle Ungeist erkennbar. 1989 hat damit gar nichts zu tun. Zwar verabschiedeten Michail Gorbatschow und Helmut Kohl eine gemeinsame Erklärung (13.Juni 1989), alle Völker hätten das Recht, "ihr Schicksal frei zu bestimmen", diese Erklärung blieb aber nicht nur unerfüllt, sondern absolut missachtet. Die SZ-Leitartiklerin müsste es eigentlich wissen: Bei der deutschen Einheit handelte es sich um eine Zwangseinheit nach US-amerikanischem Gusto. Franziska Augstein sollte das wahrnehmen, konkret die Erpressung, mit der der US-amerikanische Außenminister James Baker die Regierung von Helmut Kohl von Anfang an unter Druck setzte, als die USA das Verbleiben Deutschlands in der NATO als Bedingung für die deutsche Einheit verlangten. Dafür beeilte sich der damalige US-Außenminister James Baker nach Berlin zu fliegen, gleich am folgenden Tag nach der Berliner Grenzöffnung (9.11.1989).
Die Demonstrationen in der DDR hatten nicht den Umsturz des DDR-Staates zum Ziel, sondern lediglich, Reformen zu bekommen. Aber die reaktionäre BRD-Clique, die sich nie mit einem antifaschistischen deutschen Staat im Herzen Europas abgefunden hatte, sah bei den Demonstrationen die Chance, die DDR zu zerstören und sich einzuverleiben.


Dass deutsche Regierungen dem deutschen Volk nicht vertrauen und es bei wichtigen Angelegenheiten übergehen, ist ein Problem Deutschlands. Nicht einmal heute - nicht einmal jetzt in Anbetracht weiter bestehender ausländischer militärischer Einrichtungen auf deutschem Territorium, massiver Ausspähaktivitäten und militärischer Aggressionshandlungen ausländischer Mächte von diesem Territorium aus, ist Berlin bereit, dem Land eine gesamtdeutsche Verfassung per Volksabstimmung gemäß des Art.146 des Grundgesetzes zuzubilligen, wobei die volle Unabhängigkeit des Landes von einem fremden Diktat zu erlangen wäre, gemäß dem Grundgedanken des Selbstbestimmungsrechts von US-Präsident Woodrow Wilson. Dabei ist bezeichnend, wie gerade die britische Presse schon vor längerer Zeit darauf aufmerksam machte, dass keine anderen als deutsche Regierungen mit ihrem eigenen Volk derart arrogant herablassend umgingen, als wäre es für das Beurteilen von Politik zu dumm. In der Tat manifestiert sich das Gegenteil: Es ist nicht die deutsche Bevölkerung, sondern es sind deutsche Regierungen und Politiker, die sich immer wieder als dumm entlarven. Die damaligen Verantwortlichen Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher müssen vom Bundestag befragt werden, was sie hinter dem Rücken des deutschen Volkes mit den USA hinter verschlossenen Türen abgemacht haben und was nicht. Alle Defizite der Einheit Deutschlands sind umgehend zu beseitigen. Eine endgültige Verfassung nach dem Art.146 des Grundgesetz ist durch eine Volksabstimmung frei und souverän zu verabschieden, ohne jede zwanghafte Bindung an eine fremde Macht, die das Recht auf Selbstbestimmung, das in der UN-Charta (Art.55) verankert ist, beeinträchtigt. Das sollte auch Franziska Augstein beherzigen, wenn sie es mit dem von ihr angeführten neuen Freiheitskonzept von Woodrow Wilson und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker wirklich ernst meint.
Allerdings erlag Präsident Woodrow Wilson einer Täuschung. Er hat sich, was Deutschland betrifft, grundsätzlich geirrt. Während der monatelangen Diskussionen bei der Pariser Konferenz vor dem Versailles-Vertrag kam er zu der Überzeugung, dass sich Deutschland als Mitglied des Völkerbundes ändern werde, den er als Säule für den Weltfrieden förderte, um zukünftige Aggressionen zu verhindern. Es war eine normale Überlegung von einem gut gesinnten normalen amerikanischen Staatsmann. Aber was Deutschland betrifft, hat es niemals den Weg zur Normalität gefunden. Deutschland blieb ein Sonderfall. Alte Legenden leben weiter, auch zur Kriegsverantwortung, um die Niederlage nicht zu akzeptieren. Es handelt sich um den Anfang einer Geschichte, die immer noch nicht beendet ist. Mit dem Ersten Weltkrieg beginnt der Prozess der deutschen Selbstzerstörung, der immer noch im Gang ist. Sebastian Haffner ist präzis: Seitdem begann Deutschland die Fehler zu begehen, die seine Position in der Welt degradiert hat, Fehler, die seine Führungseliten heute weiter begehen. Franziska Augstein könnte aus dem Vorwort des Buches von Sebastian Haffner viel lernen und endlich beginnen, diese andauernde vernichtende deutsche Kriegspolitik an den Pranger zu stellen. Das wäre ihre Pflicht als aufgeklärte Journalistin, die sich die Freiheit dazu nimmt und nutzt.
Der Irrtum von US-Präsident Woodrow Wilson hat sich doppelt erwiesen. Deutschland respektierte weder die Grundsätze des Völkerbundes noch heute die Grundsätze der Vereinten Nationen als Fundament für den Weltfrieden, nicht einmal sein eigenes Grundgesetz. Weil Berlin nichts vom Frieden versteht, sondern vom Krieg. Die SZ-Redaktion mit der ehrenvollen Ausnahme von Heribert Prantl bietet sich als bellizistischer Chorus dar, wenn sie diese verheerende deutsche Außenpolitik, die den Völkern böses antut, verherrlicht.
Aber es gibt, und es gab aufmerksame Beobachter. So Frankreichs Premierminister Georges Clemenceau, der bei der Pariser Konferenz 1918 den fehlenden Realismus von Präsident Wilson erkannte. Vom Misstrauen gegenüber Deutschland tief geprägt erreichte Clemenceau, dass der Vertrag von Versailles (1919) nicht nur den Aggressor festschrieb, sondern auch die Einnahme von Berlin betrachtete, um Deutschland schon damals unter starke Kontrolle zu bringen. Dieser Schritt wurde aber vernachlässigt. Wäre es damals dazu gekommen, hätte sich Europa so den Zweiten Weltkrieg vielleicht erspart.

Brigitte Queck  
Brigitte Queck
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