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Alternative Wohnkonzepte für Muslime

#1 von Fatima Özoguz , 22.11.2013 20:24

Alternative Wohnkonzepte für Muslime


Muslime leben im allgemeinen nicht mehr wie in ihren Herkunftsländern mit mehreren Generationen unter einem Dach oder zumindest in räumlich erreichbarer Nähe, sondern auch bei ihnen kommt es immer mehr zur Individualisierung, wenn auch noch nicht der Grad der Atomisierung wie bei Nichtmuslimen erreicht ist. Auch an Muslimen geht die kapitalistische Forderung nach beruflicher Flexibilität nicht vorbei. Das gilt auch für die Großstädte in den muslimischen Ländern.
Oft leben die Familienmitglieder weit voneinander entfernt, was die Betreuung von Kindern und alten Angehörigen schwierig macht. Die erste Generation der Gastarbeiter ist jetzt um die 70- 80 Jahre alt, viele sind auch pflegebedürftig. Natürlich steht die eigene Familie an erster Stelle, wenn es darum geht, für die alten Eltern zu sorgen, aber nicht alle haben Kinder, die sich um sie kümmern wollen oder können. Leider habe ich schon von Fällen gehört, wo Muslime in einem herkömmlichen Altenheim landeten, wo kulturelle Konflikte unausweichlich sind, jedenfalls wenn es sich um religiöse Muslime handelt. Denn was sollen muslimische Senioren mit Tanztees und ähnlichen Freizeitbeschäftigungen anfangen? Eine Lösung wären Seniorenresidenzen und / oder betreutes Wohnen unter muslimischer Leitung, wo auch auf ihre religiösen und kulturellen Bedürfnisse eingegangen wird (Gebetsräume, ggf. Hilfe bei der rituellen Waschung, Halal-Essen, Berücksichtigung der Schamgrenzen bei ärztlichen Untersuchungen oder bei der täglichen Pflege.

Denkbar wären auch Mehrgenerationen-Häuser für Muslime, die nicht mit eigenen Familienangehörigen zusammen leben können, damit sie nicht allein sind.
Leider gibt es auch unter Muslimen immer mehr alleinerziehende Mütter, und wenn mehrere Familien in einem Haus wohnen, könnte man sich untereinander bei der Kinderbetreuung aushelfen, so dass die meist zwangsweise berufstätige Mutter kein schlechtes Gewissen haben muss.

Studien haben außerdem ergeben, dass Kinder besonders gut soziale Wurzeln und Selbstbewusstsein ausbilden, wenn sie möglichst viel Kontakt mit den Großeltern hatten, wie ich kürzlich erfahren habe. Wenn die leiblichen Großeltern aus irgendwelchen Gründen nicht da sind, oder vielleicht auch nicht mehr am Leben sind, könnten Mehrgenerationenhäuser für Muslime eine Alternative darstellen.
Denkbar wäre auch, wenn sich mehrere Familien zusammentun und gemeinsam an einen Ort ziehen, denn nichts ist schlimmer als soziale Isolation. Noch besser wären Produktionsgemeinschaften, um von den Supermärkten weitgehend unabhängig zu sein, aber das setzt einen hohen Grad an Organisation und gegenseitiger Verlässlichkeit voraus wie auch Wissen über Landwirtschaft, Nutztierhaltung etc.
Die sogenannte Kernfamilie, wo Eltern und Kinder zusammenleben und wenig mit anderen zusammenkommen außerhalb von Schule oder Beruf, ist ein relativ neues Konzept. Früher war es eher normal, dass mehrere Generationen unter einem Dach lebten, so wie es in muslimischen Ländern in ländlichen Gebieten noch üblich ist. Eine Palästinenserin war sehr erstaunt, als sie sah, dass alle arabischen Mütter nur zu Hause waren. Sie meinte, es sei in ihrer Heimatstadt üblich gewesen, dass jede Frau irgendeiner Arbeit nachging, und die älteren Frauen haben dann die Kleinkinder gehütet.
Da der moderne Mensch aber auch einen gewissen Freiraum braucht, ist das vielleicht nicht jedermanns Sache. So könnte man einen Kompromiss schaffen, in dem mehrere Familien in einem Haus leben, aber jeder seine eigene Wohnung hat, man sich aber immer gegenseitig besuchen kann. Die Kinder hätten außerdem immer jemanden zum Spielen. Vermögende Muslime könnten etwa Mehrfamilienhäuser kaufen und an junge muslimische Familien vermieten, die auf dem „normalen“ Wohnungsmarkt meistens Probleme haben, zumal wenn sie zwei oder mehr Kinder haben.
Es gibt sicherlich noch viel mehr Möglichkeiten, wie Muslime sich gegenseitig stärken und auch eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen könnten, so dass auch sozial schwache Familien unterstützt und so das soziale Netz entlastet wird. Aber dafür braucht es gebildete Muslime, die auch ein gewisses Vermögen haben sowie die Bereitschaft mitbringen, neue Wege zu gehen statt weiter die ausgetretenen Pfade zu verfolgen.


Fatima Özoguz  
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