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Wie ist es mit der Verbrennung von Büchern im Westen?

#1 von Yavuz Özoguz , 02.08.2023 12:07

Wie ist es mit der Verbrennung von Büchern im Westen?

Die widerholten Quran-Verbrennungen in Skandinavien lassen eine Frage mehr denn je zuvor deutlich aufwerfen über die angeblich so menschenfreundlichen und prinzipientreuen Werte des Wertewestens. Wie ist es bezüglich Bücherverbrennungen mit dem Wertewesten bestellt und was sagen die Vertreter des Wertewestens zu Bücherverbrennungen?



Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat bereits im Jahr 2007 eine Ausarbeitung über Bücherverbrennungen seit der Frühen Neuzeit veröffentlicht, hält sich aber von Wertungen fern [1]. Das berühmteste genannte Beispiel dürfte die Bücherverbrennung der Satanischen Verse von Salman Rushdie sein, welches in nie zuvor dagewesener Weise den Islam, alle monotheistischen Religionen, viele Propheten, seine Ehefrauen und Engel und vor allem die Gläubigen in den Dreck der schmutzigsten Phantasien zog [2]. Die Reaktionen auf die Bücherverbrennungen bestanden in der Westlichen Welt darin, dass der Autor mit allen nur erdenklichen Auszeichnungen gekürt worden ist.

Eigentlich – so sollte man glauben – verfügt die Westliche Welt über eine leidvolle Tradition der Bücherverbrennungen, denen zumindest seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges entschieden entgegengetreten werden sollte. Tausende Werke warfen nationalsozialistische Studenten im Frühjahr 1933 ins Feuer und bezogen sich dabei auf Martin Luther [3]. Auch Erich Kästners Bücher waren darunter, der in seinem Beitrag „Über das Verbrennen von Büchern“ bemerkte: „Seit Bücher geschrieben werden, werden Bücher verbrannt“ [4]. In Berlin gibt es ein Mahnmal gegen Bücherverbrennungen [5].

Das wohl berühmteste deutsche Zitat zu Bücherverbrennungen stammt von Heinrich Heine: „…, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Bei dem nicht einmal vollständig wiedergegebenen Zitat handelt es sich entgegen dem Allgemeinwissen in der Bevölkerung ausgerechnet um die Verbrennung des Heiligen Quran (oder Koran geschrieben). Das Zitat stammt aus Heinrich Heines Tragödie mit dem arabischen Titel „Almansor“ aus dem Jahr 1823 [6]. Darin wird eine Verbrennung des Qurans nach der Eroberung des spanischen Granada durch christliche Ritter unter dem inquisitorischen Kardinal de Cisneros thematisiert. In Heines Toleranzstück spricht der Moslem Almansor ben Abdullah mit Hassan, der verzweifelt gegen die christliche Besatzung kämpft [7]:

Almansor:
Wir hörten daß der furchtbare Ximenes,
Inmitten auf dem Markte, zu Granada –
Mir starrt die Zung im Munde – den Koran
In eines Scheiterhaufens Flamme warf!

Hassan:
Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher
Verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.


Genau zweihundert Jahre danach – komisch, dass dieses „Jubiläum“ bisher niemandem aufgefallen ist – kommt es erneut zu öffentlichen und staatlich genehmigten Verbrennungen des Heiligen Quran, allerdings nicht in Spanien, sondern in Skandinavien, in Schweden und Dänemark. Unaufhörlich wird in regelmäßigen Abständen in der Öffentlichkeit ein Quran verbrannt. Das hat inzwischen zu ernsthaften diplomatischen Verwicklungen Schwedens mit einigen muslimischen Ländern geführt. Das Ansehen Schwedens in den Bevölkerungen der muslimischen Welt ist auf einen Tiefpunkt gefallen. Doch was sagen westliche Politiker zu den Quran-Verbrennungen heute?

Der norwegische Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat sich geschickt verklausuliert hinter die Quran-Verbrennungen gestellt: „Ich verstehe die Emotionen und die Tiefe der Gefühle, die dies auslöst, und Aktionen, die beleidigend und anstößig sind, sind in souveränen Rechtssystemen nicht unbedingt illegal“ [8]. Er ist immerhin das Sprachroh des mächtigsten Militärbündnisses der Welt. Die Wahrnehmung der Muslime weltweit bezüglich dieser Aktionen lassen sich kurz zusammenfassen: Viele westliche Politiker befürworten die Quran-Verbrennungen zwar nicht, aber niemand will sie ernsthaft verbieten oder gar die Verbrennungsaktionen mit Unmenschlichkeit in Verbindung bringen. Aus der gesamten Regierungsspitze der Westlichen Welt gab es letztendlich nur eine Stimme, die die Quran-Verbrennungen uneingeschränkt und ohne Hintertür verurteilt hat: Der Papst. Bereits mehrfach hatte Papst Franziskus die jüngsten Koranverbrennungen in Schweden und Dänemark als „barbarisch“ bezeichnet; zuletzt in einem Brief als Antwort an den argentinischen schiitischen Gelehrten Abdul Karim Paz, dem Vertreter der islamischen Stiftung Argentiniens [9]. Anders als die Mehrheit in der Westlichen Welt war die Reaktion aus dem christlich-orthodoxen Russland. Der russische Präsident Putin verurteilt die Quran-Verbrennung in Stockholm und erinnert an historische Lehren [10].

Sicherlich müssen die Geschehnisse um die aktuellen Quran-Verbrennungen viel intensiver, wissenschaftlicher und vor allem ausführlicher analysiert werden, als es in solch einem kurzen Artikel möglich ist. Doch die Wahrnehmung der Muslime weltweit, völlig unabhängig davon, wie sehr sie mit der westlichen Wahrnehmung übereinstimmen, sollte zum Nachdenken anregen. Die meisten Muslime, selbst wenn sie gegen den Ukraine-Krieg sein sollten, stehen nicht nur auf der Seite Putins, sondern auch in zunehmender Konfrontation zu der sogenannten Westlichen Welt und dem Wertewesten. Jener Wertewesten wird als ein Gebilde wahrgenommen, in dem es letztendlich nur noch einen einzigen gemeinsamen Wert gibt: Wir sind besser! Das erinnert fatal an eine Zeit, in der jener Gedanke Deutschland beherrscht hat. Für einen Muslim birgt jene Aussage zudem eine religiöse Komponente. Die Vorstellung „ich bin besser“ gilt als Ursünde und satanisches Wirken überhaupt [11].

Und so stehen wir genau 200 Jahre nach Heinrich Heines Zitat an einem Wendepunkt der Geschichte, die offensichtlich in Richtung Dritter Weltkrieg führt. Jener Weltkrieg wird nicht nur ein Krieg der Militärs, wie er ja schon in der Ukraine begonnen hat und in vielen anderen Ländern eskalieren wird, wie z.B. in Syrien, Jemen, Irak, Palästina, Niger, Mali, Taiwan und viele andere mehr. Der militärische Krieg wird begleitet von einer moralischen Spaltung der Menschheit in Menschen, die versuchen ihre Menschlichkeit zu bewahren und auf Liebe bauen und Menschen, die zu Raubtieren geworden sind und dem Goldenen Kalb [12] frönen. So sagt dann eine der Hauptfiguren namens Zuleima in Heinrich Heines Werk: „Fatymas Todtenkuß hab ich empfangen“. Und sie resümiert:

„Die Erde ist ein großes Golgatha,
Wo zwar die Liebe siegt, doch auch verblutet.“


Aber wer kennt schon noch die deutschen Dichter und Denker? Auch sie werden symbolisch verbrannt, denn ein deutscher Dichter, der den Heiligen Quran verteidigt, würde das kapitalistisch-deutsche Remigrations-Weltbild der „Alternativen“ zerstören. Nichts stört die selbsternannten nimmersatten Machteliten mehr als die Einheit der Völker und Bevölkerungen. Sie haben hinreichend Mittel, um dagegen vorzugehen, wozu auch die staatliche Begleitung von Quran-Verbrennungen gehört. Doch es sind die Menschen, die das mit sich machen lassen. Wie lange noch?

[1] https://www.bundestag.de/resource/blob/4...07-pdf-data.pdf
[2] http://www.eslam.de/begriffe/s/satanische_verse_buch.htm
[3] https://www.spiegel.de/geschichte/bueche...d3-000f98cf4537
[4] https://www.bpb.de/shop/buecher/schrifte...n-von-buechern/
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Denkmal_zu...cherverbrennung
[6] http://www.eslam.de/begriffe/a/ai/almans...nrich_heine.htm
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCcherverbrennung
[8] https://www.berliner-zeitung.de/news/nat...legal-li.364614
[9] https://www.presstv.ir/Detail/2023/08/01...Abdul-Karim-Paz-
[10] https://www.europeantimes.news/de/2023/0...en-keine-Lehre/
[11] http://www.eslam.de/begriffe/u/ursuende.htm


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RE: Wie ist es mit der Verbrennung von Büchern im Westen?

#2 von Daniel Hader , 04.08.2023 23:39

Das Schundwerk „Die satanischen Verse“ ist ein Buch, das die höchste Kritik verdient hat. Übrigens auch für Christen und Juden, da biblische Propheten in diesem Stückwerk auch mit Dreck beschmissen wurden.

Verstehe ich Sie da richtig, Herr Özoguz, dass trotz aller berechtigter Kritik an „Die satanischen Verse“ Sie die Verbrennung dieses Buches auch nicht gutheißen?

Grüße. Hader


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RE: Wie ist es mit der Verbrennung von Büchern im Westen?

#3 von Yavuz Özoguz , 09.08.2023 09:50

Ich bin der Meinung, dass jenes Buch ein Verbrechen war und ist und daher verboten werden muss, wozu ich ja ein ausführliches Buch geschrieben habe. Ich bin auch der Meinung, dass es vom Markt genommen werden muss und vieles andere mehr. Aber das "Verbrennen" von Büchern hat in unserer Zeit eine kulturelle Komponente, mit der ich mich schwer tue, selbst bei diesem Buch, denn es suggeirert ein mittelalterliches Denken. Was nützt es z.B., wenn einige Exemplare verbrannt werden aber das Buch Digital weltweit abrufbar ist?

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RE: Wie ist es mit der Verbrennung von Büchern im Westen?

#4 von Daniel Hader , 09.08.2023 11:51

So sehe ich das auch.


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