Lieber Herr Schneider, ganz aktuell noch eine Zusatzinformation.
Die marxistische Berliner Tageszeitung "junge Welt" berichtet in ihrer heutigen Ausgabe (=26.1.2023)
über ein Urteil des Amtsgerichts Mannheim. Dort war ein palästinensischer Student angeklagt, der am
15.Mai vergangenen Jahres bei einer Demonstration ein Plakat mit der Aufschrift "From the River to the
Sea, Palestine Will Be Free" hochgehalten hatte. Deswegen wurde er sofort mit dem Strafrechtsparagraphen
86 -Verwendung von Kennzeichen terroristischer Organisationen- konfrontiert. Dies deshalb, weil hierzulande
die Volksbefreiungsbewegungen Hamas und Volksfront für die Befreiung Palästinas eine derartige Etikettierung
bekommen haben. Das Zeigen der palästinensischen Fahne und das Plakat mit der zitierten Aufschrift, so die
Mannheimer Staatsanwaltschaft, seien als "zentrale Parole und Aufruf zum bewaffneten Kampf gegen Israel" zu
werten. Dafür sollte der mutige Palästinenser, wenn es nach dem Staatsanwalt gegangen wäre, zu 120 Tagessätzen
zu je 30 Euro Geldstrafe verurteilt werden.
Erfreulicherweise wurde er aber vom Amtsgericht freigesprochen.
Das Ganze zeigt, dass wir in der BRD mittlerweile von einer geradezu inflationären Verwendung des Anti-
semitismus Begriffes auszugehen haben.
Ich kann hier nur an die von mir in einem anderen Beitrag bereits erwähnte Bund-Länder Arbeitsgruppe erinnern,
welche 2022 der Innenministerkonferenz einen Bericht vorlegte, in dem sie "verstärkten Handlungsbedarf wegen
zunehmender antisemitischer und antiisraelischer Hetze vor dem Hintergrund des Nahost-Konfliktes" sieht und
daher die Forderung aufstellt, alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen, um Äußerungen, Symbole,
Motive und Aufrufe zu verbieten, die gegen die Sicherheit oder gar gegen den Bestand Israels gerichtet sind."
Wenn man das auf sich einwirken lässt, braucht man sich dann überhaupt nicht mehr zu wundern, wenn auch die kleinste
Kritik am israelischen Rassismus gegen die palästinensische Bevölkerung als "Antisemitismus" diffamiert wird.