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Wein trinken mit Imam Chamene’i

#1 von Yavuz Özoguz , 18.03.2017 09:15

Wein trinken mit Imam Chamene’i

Die Sprache der Mystik kann nur der verstehen, wer sein Herz öffnet.



Einmal im Jahr lädt Imam Chamene’i – Gott schütze ihn – die größten Dichter des Landes zu sich ein und spricht mit ihnen über vergangene Dichtungen und zukünftige Projekte. Traditionell gibt Imam Chamene’i dann ein kurzes Motto, einen Zweizeiler oder Vierzeiler (Ghasel) als Idee vor, worauf aufbauend die Dichter dann ihre eigenen Ideen umsetzen. Das wird in der Regel zu einem Wettkampf der Liebe schönster Dichtungen. Die Tatsache, dass wir in der Westlichen Welt nie davon hören, hängt einfach damit zusammen, dass die Sprache von hochwertigen Gedichten ohnehin extrem schwer zu übersetzen ist und sich kaum ein Übersetzer ins Deutsche oder Englische an solch schwierige Themen herantraut. Hinzu kommt, dass die Sprache der islamischen Mystik noch schwerer zu übertragen ist, als normale Gedichte.

Auch dieses Jahr hätten wir in Deutschland sicherlich kein Wort von dem Ereignis erfahren, wenn nicht etwas Außergewöhnliches geschehen wäre. Denn der Vierzeiler, den Imam Chamene’i vorgegeben hatte gehörte zu den Gipfeln der persischsprachigen Mystik, die kaum zu übertragen ist [1]. Nur sinngemäß könnte man übertragen:

Gern verweilt einen Augenblick beim Treffen der Wahnsinnigen wäre ich auch,
Ersehnt berauschenden Weinbecher vom Schankwirt, meine Lippen auch,
Tausende Schritte noch auf dem Weg, mein Herz ist sehnsüchtig, und ich verzweifelt,
Wie finde den Weg zum Inneren ich auch …


Doch dann geschah etwas Ungewöhnliches. Im Gegensatz zu den Jahren zuvor, bei denen sich die Dichter geradezu überboten haben mit Ergänzungen, und jeder der Erste sein wollte, der seine Zeilen veröffentlicht, geschah dieses Jahr zunächst einmal gar nichts. Kein Dichter traute sich an diese Zeilen heran. Zu tief war der Eindruck, den sie im Herzen hinterließen, zu schön die Liebe, die sie andeuteten. Mein geehrter islamischer Lehrer Br. Mohammad-Ali Ramin [2] verfolgte das Geschehen und wollte das Gedicht nicht unbeantwortet lassen. So ließ der bisher als Dichter öffentlich kaum in Erscheinung getretene Politiker zwei Tage alles stehen und liegen und versuchte eine dichterische Ergänzung, die in der persischen Sprache die Faszination für die Liebe zu Allah und die Dankbarkeit dafür, in der Zeit Imam Chamene’is leben zu dürfen, weiterträgt. Nach eindringlichem Drängen ließ er sich zudem überreden, mit großem Aufwand uns eine deutsche Übersetzung zukommen zu lassen, die aber die sprachliche Schönheit des persischen Originals [3] nur erahnen lässt. Mann muss die unteren Zeilen den obigen anhängen:

Ich schaute auf jede Versammlung, reiste in jede Stadt,
Alle waren beschäftigt mit Äußerem, übersahen Zustände ihres Inneren, ich auch.
Ich sah an jedem Ort der Welt, wie Männer und Frauen befangen
Waren von nutzloser Wissenschaft und wahnsinnig (berauscht) über Technik, ich auch.
Alle strebten wahnsinnig nach Lust, alle verrückt nach Ruhm,
Alle ergaben sich der Macht, ohne zu fragen, wieso und warum, ich auch.
Auf jedes Ziel war ich verrückt, bei jeder Tat hatte ich Verlust,
Alle Anstrengungen und Anreize zerfielen, ich auch.
Da hörte ich, ein Fremder kam aus der Ferne, in einer finsteren Nacht voller Licht,
Dann ging singend mit Freunden Platons zu Ihm, ich auch.
In ihm sahen alle, Platon, Sokrates, Moses ohne Aaron, kommend vom Gipfel der Epochen, ich auch.
Wenn Hilfe Geist Gottes sich in Einem verkörpert, dann sehen alle den Chomeini mit Herzen und Augen, ich auch.
Das Zeichen dieser Wahrheit, verstanden alle Märtyrer,
Ähnlich wie die ehrensvollen Erfolgreichen bei Prüfungen, ich auch.
Und jetzt, o du weiser gerechter standhafter Imam (Chamenei),
Durch Wunder deines Wortes wird jeder rechtgeleitet, ich auch.
Aus dem fernen Eden bis zum Land Libanon und Herzen des Kaschmir,
Durch deine Liebe riskiert jeder (wahnsinnige) Übervernunft, ich auch.
Der Beweis deines Rechts und deiner Gerechtigkeit, o liebevoller Imam,
Sind alle Anhänger Fatimas [4], ich auch.
Mein ganzes Wesen ist voller Sehnsucht, o du der eigentliche Schankwirt,
Dass ein Reisebegleiter wäre dieser Armee der Wahrheitskenner, ich auch!


[1] http://farsi.khamenei.ir/news-content?id=35791
[2] http://www.eslam.de/begriffe/r/ramin_mohammad-ali.htm
[3] http://ma-ramin.ir/
[4] Der Begriff „Fatemiun“ steht für die Verteidiger des Islam und der Muslime vor den Terroristen und wurde hier mit „Anhänger Fatimas“ übertragen

Yavuz Özoguz  
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