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Hat ein Ayatollah einen Rapper zum Tode verurteilt?

#1 von Yavuz Özoguz , 10.05.2012 10:23

Hat ein Ayatollah einen Rapper zum Tode verurteilt?

Die Bildzeitung beglückt die Menschheit heute wieder mit einer unglaublichen Horrormeldung aus dem Iran:

http://www.bild.de/news/ausland/rapper/t...72352.bild.html

Ein unbedeutender iranischer Rapper, der in Deutschland lebt, soll von einem Großayatollah, den ebenfalls vorher noch niemand in Deutschland gehört hat, zum tode verurteilt worden sein, weil er vom islam abgefallen sei?!

Als ich jene Meldung sah war ich zunächst überrumpelt. Aber das war doch klar, dass bei sooooo viel positiven Berichten über die Islamische Republik Iran, irgendetwas "passieren" musste. Auf der eigenen Homepage des betroffenen Ayatollah konnte ich nichts finden, weder im Englischen, noch im Persischen, noch im Arabischen.
http://www.saafi.net/

Der Artikel in der Süddeutschen weist eine enorme hohe "Kompetenzqualität" aus und verdeutlicht, dass jene Schreiber weder irgendeine Ahnung vom Islam, noch vom Iran, noch von der Schia haben, denn sonst würden sie nicht solch einen Unsinn wie "einen Propheten der Schiiten" schreiben.
http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1312890

Der genannte Imam ist der 10 Imam der Schiiten, aber kein Prophet! Die Bildzeitung weiß sogar vom "10. Propheten". Alle anderen schreiben völlig unkritisch ab (wie immer)!

Die Bild-Zeitung beruft sich auf Fars-News, aber auch dort konnte ich zunächst auch nichts finden:
http://english.farsnews.com/
Weder im Englischen noch im Persischen. Selbst wenn man kein Persisch kann, kann man an den Fotos erkennen, dass es solch eine Meldung nicht gibt:
http://www.farsnews.com/TopNews.php

Auf den Seiten des Musikers konnte ich zwar ein Lied über Imam Mahdi (der 12. Imam, der als Erlöser erwartet wird) finden, aber kein Lied über den 10. Imam
http://www.shahinnajafimusic.com/seiten/...ajafimusic.html

In Youtube habe ich das Lied gefunden, dort singt er es allerdings mit einem anderen zusammen. Den Text verstehe ich nicht so richtig, aber wenn das alles stimmen würde, müsste die Fatwa dann ja gegen beide ausgesprochen sein:
http://www.youtube.com/watch?v=4rDXhjIN030

Das Lied alleine von ihm gesungen kann ich aus urheberlichen Gründen nicht ansehen, weil es Youtube sperrt:
http://www.youtube.com/watch?v=gNFogdsXVnU

Es fällt aber auf, dass in YouTube die ganze Angelegenheit keine Wellen geschlagen hat, was angesichts der Brisanz schon eher ungewöhnlich ist.

Für Apostasie gibt es im Iran keine Todesstrafe (und schon gar nicht mit "Auslandswirkung", den sonst müsste es einige 100 solche Fatwas geben) und auch die alte Fatwas gegen Rushdie hatte nichts mit Apostasie zu tun (darüber habe ich mein allererstes Buch geschrieben, damals noch unter dem Pseudonym Abu Hussain und verlegt in einem österreichischen Schulbuchverlag - Gott habe die christliche Verlegerin selig).

Al-Arabiya gibt allerdings nicht Fars News als Quelle an, sondern eine mir unbekannte Seite namens Asr Iran
http://english.alarabiya.net/articles/2012/05/09/213157.html
Aber auch auf deren Seite
http://www.asriran.com/
habe ich die Nachricht nicht finden können.

Alle halbwegs "seriösen" Nachrichten berufen sich auf Al-Arabiya. Al-Arabiya ist gemäß Wikipaedia ein arabischsprachiger Nachrichtensender aus Dubai Media City in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Fernsehsender wurde am 3. März 2003 als Teil des Medienkonzerns MBC gegründet.

Ich bin daher etwas ratlos, was die Beurteilung angeht. Daher warte ich bei solchen Dingen immer ab, bis etwas mehr Klarheit herrscht. Ich kann nicht ausschließen, dass irgendein Ayatollah in Qum irgendetwas gesagt hat. Aber ich weiß nicht, was er gesagt hat! Ich weiß nur, dass unabhängig davon, was er gesagt hat, seine Ansicht nicht unbedingt die "Bekannteste" ist. Ich weiß auch, dass kein Ayatollah wegen "Apostasie" jemals in der Islamischen Republik Iran irgendein Strafurteil gegen irgendjenaden gefällt hat. Vor allem aber weiß ich, dass außer Imam Chamene'i bei derartigen "öffentlichen" Angelegenheiten, kein Ayatollah des Landes irgendein Recht hat, solche Dinge zu veröffentlichen (vgl. dazu die Rushdie-Affaire, damals war es Imam Chomeini, der die Fatwa erlassen hat, aber das ist ein komplexes Thema).

Rein zeitlich gemäß Google erschien der englische Artikel wohl zunächst hier:
http://kabirnews.com/shahin-najafi-sings...i-al-hadi/1933/
Kabirnews wird in den USA gehostet. Dort wird "immerhin" behauptet, das Todesurteil sei wegen Beleidigung eines Imams. Aber auch das Beleidigen eines Imams hat im Iran nicht die Todesstrafe zur Folge!

In meiner völligen Ratlosigkeit habe ich meine "Quellen" im Iran angerufen. Die wissen von gar nichts und waren mehr als überrascht! Im Iran ist das kein Thema in den Zeitungen oder Nachrichten. Aber man hat mir versprochen, sich zu informieren und mich dann wieder anzurufen. Jetzt warte ich auf den Anruf. Ich melde mich sobald ich mehr weiß.

Ich warte ....

Endlich kommt der Anruf: Man hat herausgefunden, dass jene Meldung tatsächlich kurzzeitig im Fars News in der Nacht erschienen sei, um dann wieder zu verschwinden (daher wusste im Iran kaum jemand davon). Man geht dem Ganzen jetzt nach, wie solch eine Meldung es (wenn auch kurzzeitig) in Fars News schaffen konnte und wie dieses kurze Zeitfenster (es muss sich um Minuten gehandelt haben) dazu genutzt werden konnte, es zu einer weltweiten Meldung zu machen. Eine schlüssige Antwort darauf gibt es nicht. Das Einzige, was ich verbindlich sagen kann, ist, dass jener Großayatollah keine einzige staatliche Funktion hat! Er ist eine 95-jährige Privatperson in Qum, die evtl. irgendetwas von sich gegeben hat, wobei selbst das nicht ganz klar ist, denn offensichtlich hat auch der Ayatollah seine "Ansicht" nicht weiter verbreitet, nicht einmal auf seiner eigenen Homepage. Kurz: Eigentlich ist alles unklar außer, dass der Iran solch eine Behauptung nicht vertritt und dass die westlichen Medien - wenn dieser Fall nicht hinreichend zutrifft - sich irgendetwas anderes wird einfallen lassen, um die öffentliche Meinung zu "dirigieren".

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Fatwa wurde gefunden

#2 von Yavuz Özoguz , 10.05.2012 14:30

Ein sehr gütiger Bruder hat weiterrecherchiert und die Fatwa zu der Nachricht gefunden. Vielen Dank für die Bereitstellung der Info:

http://reyhane.info/1391/02/1136/

Die Übersetzung der Fatwa lautet:

Frage: Einige, die größtenteils aus Anti-Revolutionären im Ausland bestehen, wurden beauftragt im Internet auf ihren Seiten und Web-Blogs einfach so den unterdrückten Imam der Schiiten, Imam Hadi (a.), zu beschimpfen und zu verunglimpfen (Erstellung von Schmähungen, Lügen, Karikaturen, Witzen...). Wie sieht deren Urteil aus?

Antwort: Falls sie die geehrte Person (a.)(des Imams) verunglimpft und beleidigt haben, so sind sie vom Glauben abgefallen (Mortad), wallahu a'lam (und Allah ist Allwissend).
1. Jumada al-Thani 1433
(23.April 2012)

Wie festzustellen ist, stammt die Fatwa von vor mehreren Wochen und von einem "Todesruteil" ist weit und breit nichts zu lesen! Und irgendetwas Besonderes steckt auch nicht in jener Fatwa.


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RE: Fatwa wurde gefunden

#3 von Fatima Özoguz , 10.05.2012 15:50

Die deutsche Märchenschau interessiert das leider nicht, sie gibt munter die Lügenpropaganda von BILD & co. weiter:

http://www.tagesschau.de/ausland/irantodesfatwa102.html


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RE: Fatwa wurde gefunden

#4 von Fatima Özoguz , 11.05.2012 07:50

Ein lesenswerter Artikel auch bei muslimessay:

http://muslimessay.wordpress.com/2012/05...euch-uberhaupt/


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RE: Hat ein Ayatollah einen Rapper zum Tode verurteilt?

#5 von Sahvelet Ünlü , 13.05.2012 11:24

Hier ist der betroffene live im Radio (DLF) gewesen.:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/


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Angebliche Todesfatwa war gar keine

#6 von Fatima Özoguz , 16.05.2012 12:16

Gute Analyse:


http://info.kopp-verlag.de/hintergruende...B6A10243DA1AA82

Dieser Satz hier war für mich allerdings sehr erheiternd:
»Ayatollah setzt Kölner Musiker auf die Todesliste«, hatte auch die Westdeutsche Zeitung recherchiert.

Also bitte ....die Zeiten, in denen die Mainstreammedien "recherchiert" haben, sind schon lange vorbei, vielmehr schreiben sie nur ab. Aber etwas Humor kann auch nicht schaden, bzw. manches ist nur noch mit Humor zu ertragen.
Abgesehen vom Hauptziel der Kriegspropaganda, dass das Land dringend einen "change" braucht, notfalls auch mit "bombiger" Hilfe, hat Springer nebst beigeordneter Medien-Hetzmeute wohl dem äußerst mäßig begabten Rapper helfen wollen, wenigstens ein paar CDs zu verkaufen, indem sie ihm quasi im voraus einen "Märtyrerstatus" verliehen. Integrationspolitisch ist das Bürschchen übrigens auch nicht gerade ein Musterbeispiel: Seit etwa 5 Jahren lebt er in Deutschland und kann immer noch kein Deutsch. Zumindest sprach er in einem Interview Persisch, und seine Antworten wurden übersetzt. Vielleicht hatte er vor lauter Dichten von Schmuddeltexten keine Zeit, um Deutsch zu lernen, geschweige um einer vernünftigen Arbeit nachzugehen.


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RE: Angebliche Todesfatwa war gar keine

#7 von Fatima Özoguz , 16.05.2012 18:34

wegen dieser Ente will Wallraff eine Solidaritätskampagne starten....andere Sorgen haben wir wohl nicht? Er hätte mal lieber eine für die Schleckerfrauen starten sollen.

http://www.zeit.de/2012/21/Interwiew-Rapper-Najafi


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