Wurde der Prophet des Islam in Chaybar vergiftet?
Es ist wirklich spannend zu beobachten, wie die von britischen Geheimdiensten geführten Agenten in die schiitische Gemeinde einfach nur ein Stichwort streuen, und dann nur noch zusehen brauchen, wie ihre unfreiwilligen, aber teilweise gedankenlosen Diener die Angelegenheit fortsetzen und fortsetzen und keine Ruhe geben.
Gibt es wirklich aktuell keine wichtigere Frage für die Muslime und die Schia, als die Frage, ob unser Prophet (s.) vergiftet worden ist oder nicht. Muss jemand von anderen getötet werden, um Märtyrer zu sein? Wäre unser Prophet kein Märtyrer, wenn er nicht vergiftet worden wäre. Würde sich am Islam etwas ändern? Welchen Einsatz zeigen jene, die sich so intensiv um das Dahinscheiden des Propheten einsetzen, bei der Frage von Gaza? Wie ist ihr Einsatz beim faktischen Religionsverbot der Schia [1] in Deutschland?
Bereits in zwei Texten „Neuer Angriff der Schirazis in Deutschland“ [2] und „Wurde der Prophet des Islam vergiftet?“ [3] musste meine Wenigkeit sich bereits mit der Thematik öffentlich befassen, um die viel zu vielen Fragen von gutherzigen Geschwistern beantworten zu können. Auf jede Frage einzeln einzugehen, wäre zu aufwendig. Daher entschuldige ich mich, dass ich wieder kollektiv antworte. Nachdem diejenigen, die vor allem Schiiten und Sunniten spalten wollten, jetzt sich darauf konzentrieren, dass der Prophet (s.) überhaupt ermordet worden sei, ohne dass Prophetenehefrauen im Spiel sind, wird hier die Frage erörtert, wie die Meinung von hohen Gelehrten der Vergangenheit einzustufen ist, dass der Prophet an den Spätfolgen einer Vergiftung in Chaybar gestorben sei.
Zunächst aber die Frage: Muss ein Mensch getötet werden, um als Märtyrer zu zählen, und wie ist das Martyrium einzustufen? Märtyrer im Islam hat die Wortwurzel „Zeuge“. Er ist ein Zeuge der Wahrheit. Die reinen Vertreter der Gotteslehre, die es zu jeder Zeit geben muss, damit niemand die Ausrede hat, zu seiner Zeit wäre es nicht möglich gewesen, waren Zeugen der Wahrheit mit jedem Atemzug und nicht erst mit ihrem Dahinscheiden. Ein Märtyrer im Schlachtfeld erhält eine besondere Ehrung, denn er bedarf keinerlei Waschung! Hingegen wurden die Propheten und Imame jeweils von ihren Nachfolgern gewaschen, bevor sie begraben wurden? Wäre das dann eine Art Zweite-Klasse-Martyrium? Natürlich nicht! Alle diese Dinge dienen nur dem einen Ziel, für das der Prophet (und alle Propheten) gekommen sind: Die Vervollkommnung der Seele, oder wie meine Wenigkeit es ausdrückt: Zur Erlangung der höchsten Stufe der Liebe, für die wir erschaffen worden sind. Noch eine Frage zum Nachdenken: Einige Propheten sind nachweislich nicht getötet worden. In ihrer Zeit gab es aber Anhänger, die getötet worden sind. Stehen jene höher als der Prophet ihrer Zeit?
In diesem Zusammenhang könnte man fragen: Ist Imam Chomeini kein Märtyrer? Interessant ist, dass als der Waffenstillstand mit Saddam ihm von einigen seiner eigenen Leute aufgezwungen worden ist, er gesagt hat: Es sei für ihn wie das Trinken des Giftbechers mit Anspielung auf einige der reinen Imame (a.). Das geschah im August 1988. Zehn Monate später ist Imam Chomeini gestorben. Waren es die Spätfolgen des metaphorischen Giftbechers?
Zurück zum Propheten (s.). Die Geschichte von Chaybar [4] ist eine sehr komplexe Geschichte mit einer Vorgeschichte und einer Nachgeschichte. Sie fand im 7. Jahr nach der Auswanderung statt. Prophet Muhammad ist im 11. Jahr nach der Auswanderung zu seinem Schöpfer zurückgekehrt und hat die 3-4 Jahre dazwischen nicht den Eindruck eines sterbenden Menschen erweckt und schon gar nicht bei der letzten Pilgerfahrt mit dem Zwischenhalt in Ghadir Chumm [5]. Bei einer angeblich einmaligen Vergiftung, die 3-4 Jahre ohne erkennbare Auswirkungen bleibt und dann Jahre später zum Tode führen soll, ist der kausale Zusammenhang auch islamisch betrachtet schwer erbringbar. Es gibt keine glaubhaften Berichte über die Auswirkungen jener mutmaßlichen Vergiftung in den 3-4 Jahren. Wenn dennoch einige große Gelehrte in der Vergangenheit davon ausgegangen sind, dass es diesen Zusammenhang gibt, so haben sie das als ihre eigene Einstufung dargelegt, der wiederum andere widersprochen haben.
Bei Dahinscheiden des besten aller Menschen ist noch zu berücksichtigen, dass solch ein Ereignis – anders bei gewöhnlichen Gläubigen – nicht so abläuft, dass der Todesengel Azrail (a.) kommt und die Seele des Propheten aus dessen Körper reißt. Vielmehr ist es der Prophet (s.) selbst, der den Todesengel Azrail (a.) ruft und dieser ihm dient. Als nun Azrail (a.) beim Propheten (s.) ankam, sah er ihn betrübt. So fragte Azrail (a.), ob er wieder gehen solle, denn schließlich habe der Prophet (s.) ihn gerufen. Der Prophet (s.) antwortete, dass Azrail (a.) ihn abholen solle, denn seine Zeit sei gekommen. Er sei lediglich betrübt, dass er nicht mehr dienen können. So ist auch die höchste Auszeichnung unseres Propheten: „Diener Gottes“.
Es ist davon auszugehen, dass meine Wenigkeit diese Diskussion nicht gänzlich wird in konstruktivere Richtungen lenken können. Gott vergebe mir meine Schwäche! Ich bitte aber jeden zur Vervollkommnung der eigenen Seele, sich einfach nur die Frage zu stellen, was sich für ihn ändern würde, wenn der Prophet an den Spätfolgen einer Vergiftung gestorben ist, oder eines „natürlichen“ Todes starb. Wenn sich in seiner Einstellung zum Propheten (s.) etwas ändern würde, dann besteht die Gefahr, dass er das wahre lebenslange Martyrium des Propheten nicht verstanden hat. Der Prophet des Islam ist der vollkommene Mensch, und diejenigen, die ihm versuchen zu folgen, müssen nicht versuchen zuerst zu sterben wie er, sondern zunächst zu leben wie er. Die Parole bezüglich Leben und Sterben im Islam haben andere geprägt: „Leben wie Zaynab und Sterben wie Imam Husain (a.)“. Das heißt: Wir müssen mit Wort und Tat an der Seite der Unterdrückten unserer Zeit stehen, und wenn uns das unmöglich gemacht wird, müssen wir auch bereit sein, die Wahrheit mit allem unserem Dasein auszusprechen. Und wer sind die Zaynabs, die Ruqayas, die Kinder von Aschura in unserer Zeit?
In der Audienz zu Aschura (Ziyaratu-Aschura) beten wir: „Allah unser, mache mein Leben wie das Leben Muhammads und der Familie Muhammads und mein Sterben wie das Sterben Muhammads und der Familie Muhammads.“ Das besondere an dem Leben und Sterben der 14 Reinen (a.) ist, dass jeder von ihnen auf sehr unterschiedliche Art und Weise gelebt hat und auf unterschiedliche Weise gestorben ist. Es waren die jeweiligen äußeren Umstände, die zu diesen unterschiedlichen Leben und Sterben geführt haben. Wenn wir also solch ein Gebet beten, dann heißt es nicht, dass wir beten, mit dem Schwert getötet werden im Kampf oder beim Beten in der Gebetsnische, oder mit einem Giftbecher, oder beim Zuhalten einer Tür, hinter der wir eingeklemmt werden, usw. Es heißt vielmehr, dass unser Leben und Sterben ausschließlich dem einen Ziel gewidmet wird, Gottes Nähe anzustreben, in dem wir „dienen“. Manche nennen es Liebe durch Nächstenliebe, andere nennen es „Goldene Regel [6]“. Imam Husain nannte es sinngemäß freiheitliche Menschlichkeit, zu der er selbst diejenigen aufforderte, die nicht an das Jenseits glauben.
[1] Deutschland entzieht Schiiten Grundrecht auf Religionsausübung
[2] Neuer Angriff der Schirazis in Deutschland
[3] Religion & Politik im Islam
[4] https://www.eslam.de/begriffe/c/chaibar.htm
[5] https://www.eslam.de/begriffe/g/ghadir_chum.htm
[6] https://www.eslam.de/manuskripte/bittgeb...z_zu_achura.htm
[7] https://www.eslam.de/begriffe/g/goldene_regel.htm