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Wann wird Deutschland endlich islamisch? – Teil 9: Glaubens- und Gewissensfreiheit

#1 von Yavuz Özoguz , 15.02.2017 15:31

Wann wird Deutschland endlich islamisch? – Teil 9: Glaubens- und Gewissensfreiheit

Es war nicht die Westliche Welt, die diesen so wichtigen Grundsatz eingeführt hat.

Im Artikel 4 des Grundgesetzes ist als einer der wichtigsten Grundrechte die Glaubens- und Gewissensfreiheit festgelegt, noch vor dem Artikel 5 zur sogenannten Meinungsfreiheit. Der Begriff Gewissensfreiheit kann zu Missverständnissen führen, wenn die genaue Bedeutung nicht scharf definiert wird. Denn wer sollte schon das ohnehin nicht klar definierte „Gewissen“ eines Menschen einschränken können, selbst wenn er es wollte?

Als Gewissensfreiheit gilt die Freiheit, Entscheidungen und Handlungen aufgrund des Gewissens, frei von äußerem Zwang, durchführen zu können [1]. Genau dieser Charakter der Begriffsbedeutung wird im Artikel 4 des Grundgesetzes deutlich. Zuerst heißt es darin: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Und unmittelbar danach folgt: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Glaube und Handlung greifen ineinander. Glaube, Gewissen, religiöses und weltanschauliches Bekenntnis werden auf die gleiche Stufe gestellt! Dabei wird von einem Menschenbild ausgegangen, dass das Gewissen eines Menschen zum Guten bzw. zur Wahrheit strebt; ein Menschenbild, das alle großen Religionen teilen. Umso erstaunlicher wirkt es, wenn einige Politiker heute auftreten und z.B. dem Islam, aber auch der christlichen Befreiungstheologie in Südamerika vorwerfen, keine Religion sondern eine Ideologie zu sein (also ein weltanschauliches Bekenntnis). Das Grundgesetz sieht darin keinen Vorwurf sondern ein gleichermaßen zu schützendes Grundrecht.

Es dürfte bezeichnend sein, dass ausgerechnet Wikipedia bei dem Begriff „Gewissensfreiheit“ zuerst den Islam als geschichtliches Beispiel bringt noch vor Christentum und Judentum. Tatsächlich ist die Gewissensfreiheit im Heiligen Quran gleich in mehreren Versen belegt. Der berühmteste Vers ist: „Es gibt keinen Zwang im Diyn“ [2]. Der Begriff „Diyn“ wird oft mit „Religion“ übersetzt, aber das greift zu kurz. Tatsächlich ist es ein umfassender Begriff alle weltanschaulichen Bekenntnisse, ob Religion oder politische Weltanschauung. Anders würde es keinen Sinn machen, wenn in der Sure 109 über die „Kafirun“ (Kaschierer – oft mit „Ungläubige“ übersetzt) am Ende gesagt wird: „Euch eure Diyn und mir meine Diyn“.

Der quranische Vers „Kein Zwang im weltanschaulichen Bekenntnis“ ist ein Vorläufer des hier behandelten Grundgesetzartikels. Allerdings ist er 1400 Jahre alt, wohingegen die Gewissensfreiheit in der Westlichen Welt mehr als ein Jahrtausend später überhaupt erst angedacht worden ist. In der Retourkutsche versuchen die Vordenker der Westlichen Welt dem Islam vorzuwerfen, das sei nur Täuschung, in Wirklichkeit gäbe es die Todesstrafe für Apostasie. Dass diese Behauptung keine Allgemeingültigkeit hat, kann man auch aus islamischen Quellen herausfinden [3].

An einem sehr konkreten und deutlichen Beispiel wird das Grundrecht im Grundgesetz umgesetzt: „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ Die Gewissensfreiheit ist ein sehr entscheidender Aspekt einer zivilisierten Gesellschaft. Und es ist vor allem der Islam, der im historischen Kontext jene Gewissensfreiheit in der westlichen Welt erst ermöglicht hat. Erst als die Gewissensfreiheit zunehmend erfolgreich wurde, hat die Westliche Welt das Mittelalter überwunden. Und erst als die Muslime die Gewissensfreiheit immer mehr aufgegeben haben, ist die islamische Welt in den Rückschritt verfallen. Beides lief parallel zueinander ab.

Die Gewissensfreiheit – und auch explizit dieses Grundrecht – geht davon aus, dass der Mensch über ein Gewissen verfügt. Das Gewissen wird im Allgemeinen als eine besondere Instanz im menschlichen Bewusstsein angesehen, die bestimmt, wie man urteilen soll [3], da sie über die natürliche Fähigkeit verfügt, das gute von dem Bösen, das Richtige von dem Falschen zu unterscheiden. Das ist ein spirituelles Menschenbild, welches vor 1400 Jahren vom Islam aufgebaut worden ist. Die natürliche Veranlagung des Menschen, die so genannte „Fitra“ ist ihm angeboren und ermöglicht erst die Wahl der richtigen Religion [4]. Niemad soll seine Überzeugung nur damit begründen, dass es die Religion der Eltern sei. Was ist, wenn die Eltern irregegangen sind?

Das heutige westliche Menschenbild hingegen ist zumeist rein materialistischer Art bzw. „naturalistisch“ und steht somit im Widerspruch zur eigenen Grundgesetz.

Würden Nichtmuslime sich vorurteilsfrei intensiver mit dem Islam beschäftigen, würden sie erkennen, welchen Reichtum auf allen Lebensebenen ihnen der Islam bringen könnte. Würden Muslime sich vorurteilsfrei intensiver mit dem Islam beschäftigen, würden sie erkennen, wie fehlerhaft sie die größte Gnade Gottes verstehen und vorleben und warum ihre Art es vorzuleben eher abschreckend wirkt als anziehend. In einer Zeit des rapiden Wandels ist vieles möglich; auch der Wandel zu einer gewissenhaften Welt. Die Hoffnung auf den Erlöser in den Religionen ist ein Beleg dafür, dass die gewissenhafte Welt angestrebt werden sollte.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gewissensfreiheit
[2] Heiliger Quran 2:256
[3] http://www.eslam.de/begriffe/a/apostasie.htm
[4] http://www.eslam.de/begriffe/n/natur_des_menschen.htm


Yavuz Özoguz  
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