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Sind Juden mitschuldig am Antisemitismus?

#1 von Yavuz Özoguz , 22.02.2015 15:18

Sind Juden mitschuldig am Antisemitismus?

ACHTUNG! Diese Frage in Deutschland zu stellen ist absolut verboten! Wer die Frage stellt ist bereits als Antisemit definiert. Doch man wird die Frage doch wohl noch stellen dürfen, um sie sachlich zu analysieren und dann zu dem Schluss zu kommen, dass es eine extrem unverschämte Frage ist.

Zunächst einmal suggeriert die Frage „Sind Juden mitschuldig am Antisemitismus?“, dass es ein einheitliches Kollektiv von „Juden“ gibt, denen man entweder kollektiv eine Sympathie oder Abneigung entgegen bringen könnte; die sozusagen eine Art Kollektivschuld haben könnten. Allein diese Vorstellung widerspricht bereits jeglicher form von Menschlichkeit. Manche Bürger glauben (darunter auch Muslime), dass zumindest diejenigen Juden mitschuldig am Antisemitismus seien, die jedes Verbrechen Israels im missbrauchten Namen des Judentums rechtfertigen. Wiederum wird deutlich, wie jene Bürger sich selbst in eine Falle manövrieren, aus der sie nur schwer rauskommen können.

Tatsächlich gibt es Juden in Deutschland (und anderen Orten), die jedes noch so brutale Verbrechen Israels rechtfertigen. Sie rechtfertigen das Massaker von Deir Yassin, über das John Kimche, ein britischer Jude, in seinem Buch "Seven Fallen Pillars" (Sieben gefallene Pfeiler schrieb: „Am Freitag, den 9. April 1948 griff ein Stoßtrupp, zusammengesetzt aus Leuten der Irgun und der Sternbande, das Dorf an. Es gab keinen vernünftigen Grund dafür, dass sie so handelten. Nichts, was sie später behauptet haben, begründete oder konnte begründen, warum sie 250 unschuldige Araber, unter ihnen mehr als 100 Frauen und Kinder, ermordet haben. Nicht weniger abstoßend war danach die Nacktparade, welche Irgun mit einer Anzahl armer arabischer Frauen in den Straßen von Jerusalem veranstaltete.“

Sie rechtfertigen das Massaker von Sabra und Schatilla und die Massaker an der Zivilbevölkerung im Libanon und Gaza. Sie rechtfertigen 70 Jahre Besatzung. Und sogar den von der gesamten Welt verurteilten weiteren „Siedlungsbau“ auf besetztem Boden rechtfertigen sie. Könnte man bei solch einer Ausgangslage nicht zumindest davon sprechen, dass Juden zumindest eine gewisse Mitschuld am Antisemitismus tragen?

Die Antwort darauf ist ein klares und unmissverständliches NEIN! Antisemitismus bedeutet, dass man einen Juden verachtet, weil er Jude ist bzw. das Kollektiv der Juden verachtet und/oder ihnen bestimmte Denkweisen, Absichten, Merkmale usw. zuschreibt, weil sie Juden sind. Und genau das ist nichts anderes als eine spezifische Form des Rassismus, der im Islam verboten ist. Diejenigen, die obige Verbrechen rechtfertigen sind Sympathisanten von Verbrechern. Und jeder, der die genannten Verbrechen verachtet, muss auch deren Sympathisanten verachten. Aber das sind eben nicht alle Juden, sondern nur ein bestimmter Teil davon! Es sind bestimmte Personen und nur die tragen Mitschuld an ihrer Verbrechenssympathie. Mann kann doch z.B. auch nicht die SPD für Rassismus verachten, weil ein SPD-Mitglied offenbar rassistische Bücher verbreitet! Den Autor kann man aber für seine Tat verachten.

Es gibt zahlreiche Juden, die genau wie jeder andere auch, die genannten Verbrechen verabscheuen. Im Muslim-Interview wurden sehr viele von ihnen interviewt! Was können sie dafür, dass es andere Juden gibt, die sich mit den Verbrechern solidarisieren? Jeder ist nur für seine eigenen Taten verantwortlich und Kollektivschuld lehnt der Islam grundsätzlich ab!

Aber ist dann nicht der Heilige Qur’an antisemitisch? Wie ist es mit einem Vers wie: „Weder die Juden noch die Christen werden mit dir zufrieden sein, bis du ihrem Glaubensbekenntnis folgst.“ (2:120). Ist das nicht ein pauschalisierendes Urteil über Juden und Christen allgemein? Die Antwort lautet wiederum „nein“! Denn hier wird der Prophet des Islam direkt angesprochen und es ist eine Prophezeiung, die für damals in seiner Region zweifelsohne gültig war, wie es historisch belegt ist. An anderer Stelle lautet es über eine bestimmte Gruppe von Menschen: „Sie sagen: „Werdet Juden oder Christen, so seid ihr rechtgeleitet.“ (2:135). Auch hier sind nicht alle gemeint, sondern nur diejenigen, die das sagen. Erstaunlicherweise hat sich jene Aussage bis in unsere Tage gehalten, in der Einige von einer jüdisch-christlichen Tradition faseln, der man sich anpassen müsste.

Etwas krasser scheint der Vers: „Du wirst ganz gewiss finden, dass diejenigen Menschen, die den Gläubigen am heftigsten Feindschaft zeigen, die Juden und diejenigen sind, die (Allah etwas) beigesellen. Und du wirst ganz gewiss finden, dass diejenigen, die den Gläubigen in Freundschaft am nächsten stehen, die sind, die sagen: „Wir sind Christen.“ Dies, weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und weil sie sich nicht hochmütig verhalten.“ (5:82). Zwar ist die Pauschalisierung bezüglich Christen bereits im Vers selbst aufgehoben durch den Abschlussteil, aber wie ist es mit den Juden? Hier machen viele den Fehler, dass sie glauben, dass die Verszählung eine Art inhaltlichen oder sinngebenden Charakter hätte. Dem ist aber nicht so. Und in dem Moment, in dem man den letzten Satz des Vorverses mitberücksichtigt, wird deutlich, dass eben keine Pauschalisierung vorliegt: „Aber viele von ihnen sind Frevler.“

Es gibt aber auch folgenden Vers im Heiligen Qur’an (2:62): „Wahrlich, die Gläubigen und die Juden und die Christen und die Sabäer - wer immer wahrhaft an Allah glaubt und an den Jüngsten Tag und gute Werke tut -, sie sollen ihren Lohn empfangen von ihrem Herrn, und keine Furcht soll über sie kommen, noch sollen sie trauern.“ Wie kann man einem Buch, der diesen so bedeutsamen Satz beinhaltet, Antisemitismus vorwerfen? Keine andere Religion verheißt den Angehörigen anderer Religionen solch ein Heil, wie es der Islam tut.

Fassen wir also zusammen: Am Antisemitismus ist nur einer Schuld, nämlich der Antisemit, aber das auch nicht kollektiv, sondern jeder für sich! Hierbei darf man sich nicht davon irritieren lassen, dass radikale Zionisten jeden als Antisemiten diffamieren, der Israels Verbrechen öffentlich anprangert. Das ist ein Missbrauch des Antisemitismusvorwurfs, der sich selbst gegen zahllose Juden richtet. Als Muslime ist es für uns zwar von großer Bedeutung, die Verbrechen Israels anzuprangern, aber wir müssen dabei aufpassen, nicht in eine Falle zu tappen, die uns von unserer eigenen Menschlichkeit entfremdet. Daher ist in diesem Zusammenhang auch meine Lieblingsparole: „Muslime, Juden und Christen, Hand in Hand gegen Zionisten.“

Kommen wir also zurück zu der Frage: „Sind Juden mitschuldig am Antisemitismus?“ Ich vertrete die Meinung, dass allein diese Frage eine Art Antisemitismus beinhaltet, vor der wir uns alle hüten müssen! Bitte lasst uns darüber nachdenken.

Abschließend hätte ich aber noch eine Frage an die jedes Verbrechen Israels rechtfertigenden Schar von Politikern und Journalisten (und das sind sehr viele!). Darf man fragen: Sind Muslime mitschuldig an Islamophobie?

Yavuz Özoguz  
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