Auf der einen Seite gibt es Verse im Heiligen Qur’an, die den Eindruck erwecken, als wenn Allah es ist, der irreleitet und rechtleitet: „…Allah lässt abirren, wen er will, und leitet recht, wen er will…“ (74:31). Es gibt aber andere Verse, die den Eindruck erwecken, als wenn Allah sozusagen „reagiert“ auf das gute Handeln: „Und wer gehorsam Gutes tut, dann ist Allah dankend, Allwissender“ (2:158).
Zum Verständnis beider Verse (und vieler anderer) ist eben die Grundlagendiskussion von großer Bedeutung, denn ohne das Grundalgenwissen würde man beides fehl interpretieren können. Weder ist Allah verantwortlich für unsere Abwendung von Ihm, noch können wir Ihn dazu bewegen, zu reagieren! Vielmehr sind beide Verse zu verstehen, wenn man das Grundprinzip verinnerlicht hat. Allah hat uns erschaffen, damit wir die höchste Stufe der Liebe erlangen. Dafür hat er uns ein gewisses Maß an Freiheit gegeben. Er hat uns aber auch alle Mittel und Wege gezeigt, wie wir die Freiheit so nutzen können, dass wir zu Seiner Liebe gelangen. Somit sind Irreleitung wie auch Rechtleitung beides im Rahmen seines „Programms“, das Er für uns bereitgestellt hat. Nichts kann Seinem Willen entgegen treten. Es ist sein Wille, dass wir in Freiheit die höchste Stufe der Liebe erlangen können, und daher ist es Sein Wille, dass wir die Freiheit haben, und daher ist es Sein Wille, dass wir in der Freiheit auch die Gelegenheit haben, uns von Ihm abzuwenden. Und es ist ebenfalls Sein voreingestelltes „Programm“, dass unsere guten Taten dazu führen, dass unser Zugang zu Allah erleichtert wird. Aus Sicht des Wohltäters „nähert“ Allah sich dem Wohltäter immer mehr. Es ist aber keine „Reaktion“ Allahs, sondern nichts als Die Liebe, für die wir erschaffen worden sind.
Was die Interpretation des Heiligen Qur’an angeht, so ist es ein sehr persönlicher Liebesbrief an jeden einzelnen Gläubigen! Jeder einzelne Gläubige kann ihn im Rahmen seiner Annäherung an Allah verstehen. So lange er sein Verständnis für seine private Annäherung nutzt, ist das eine Sache zwischen ihm und Allah. Er darf aber nicht den Fehler machen, allgemeingültige und für andere gültige oder für die zwischenmenschlichen Beziehungen gültige Ableitungen bzw. Handlungsanweisungen ableiten zu wollen. In der Schia gibt es Grundprinzipien (die fünf Grundlagen: Stamm der Religion), die jeder selbst verinnerlicht und verstanden haben muss. Die darf man NICHT nachahmen. Niemand darf an Allah glauben, weil seine Eltern das sagen. Niemand darf Seinen Propheten nachahmen, weil es jemand vorgibt. Das sind Dinge, die man selbst verstehen muss. Die hier angestoßene Diskussion diente genau dazu, diese Dingen zu vertiefen.
Bei Handlungsanweisungen aber (zehn „Zweige der Religion) wählt jeder Nichtexperte einen Experten seiner Wahl und folgt in Detailfragen seinen Ausführungen.
Ich hoffe, das hilft weiter.