Zunächst: Ist der Terminus 'Ur-Ursache' wirklich sinnvoll? Führt eine 'Steigerung' des Begriffes der 'Ursache' nicht zwangsläufig in einen infiniten (bzw. indefiniten) Regress, solange man sich im Rahmen der klassischen Logik bewegt? Und verlässt man die klassische Logik mit ihren drei Grundaxiomen ('Satz der Identität', 'S. d. Widerspruchs' und 'S. d. ausgeschlossenen Dritten'), dann erübrigen sich sowieso derartige 'Kausal'-Hierarchien und es bleibt nur noch das (im Optimalfall bewusste, andächtige) Schweigen.
Wollen Menschen aber in der materiellen Welt miteinander kommunizieren, sind sie eben scheinbar zwangsläufig auf die Dogmen der klassischen Logik angewiesen, indem diese Dogmen (wenn auch ganz unbewusst) als 'gemeinschaftlich anerkannte Vorannahmen' vorausgesetzt werden.
Aber diese Dogmen sind im Prinzip willkürlich gewählt, lediglich scheinen sie sich 'evolutionär' aus dem menschlichen Kommunikationsverhalten herausentwickelt zu haben als die notwendige (oder vielleicht 'nur': 'eine MÖGLICHE'?!) Grundlage der Kommunikation (und zumindest mittelbar wurden diese logischen Dogmen damit auch zur Grundlage einer jeden menschlichen 'Weltsicht' überhaupt, die irgendeine 'Objektivität' beanspruchen will - zumindest die nicht-beweisbare These 'es gibt eine objektive Realität außerhalb meiner subjektiven Wahrnehmung' muss nämlich am Anfang eines jeden individuellen Erkenntnisstrebens stehen, wenn die daraus gewonnen Erkenntnisse sinnvoll den Mitmenschen mitgeteilt werden sollen; denn ohne den anfänglichen - wohlgemerkt logisch-unbegründbaren - 'Objektivitäts-Glauben' kann seitens des Erkennenden ja gar nicht von 'Mitmenschen' ausgegangen werden ;)).
Um also überhaupt 'logisch' argumentieren zu können, muss bereits etwas gänzlich irrationales wenigstens stillschweigend vorausgesetzt werden. Damit basiert auch die vermeintlich 'objektive' Wissenschaft unserer Zeit im letzten Grund auf einer spekulativen Hypothese, die nach moderner Wissenschaftstheorie über gar keine 'Theoriefähigkeit' verfügt, weil sie nicht widerlegbar ist.
Also: Am Anfang der intersubjektiven (sprich: wenigstens prinzipiell mitteilbaren) Erkenntnis steht zwangsläufig ein (wenn auch unbewusster) 'Urglaube' an die Existenz einer 'objektiven Realität' jenseits des individuellen Bewusstseins. Darauf baut das weeeeeite Reich des 'Logischen' auf - aber ... führt das Logische irgendwo hin? Das sogenannte 'Münchhausen Trilemma' besagt, dass es keine tatsächlichen 'Letztbegründungen' gibt, nur 1. Dogma, 2. infiniten Regress, 3. Zirkelschluss. Aus dieser Zwickmühle auszubrechen kann nicht innerhalb der klassischen Logik gelingen, man muss 'das ewige Rundherum' durch ein individuell irrationales Moment 'transzendieren'. 'Individuell irrational' heißt aber nicht, dass sich überhaupt nicht intersubjektiv darüber unterhalten werden kann - es heißt nur, dass man in diesem Bereich der Kommunikation ganz besonders auf das Verstehen-WOLLEN des Gegenübers angewiesen ist, weil eben logische Beweisführung schon per definitionem ausgeschlossen ist. Hier betreten wir gewissermaßen den weiten und wunderschönen Bereich der sogenannten 'Mystik' mit ihren mannigfaltigen Symbolsprachen. Aber das sei erstmal ausgeklammert - in diesem Thread geht es ja momentan eher um die Argumentation auch vermeintlichen 'Atheisten' gegenüber ...
Deshalb im Folgenden so 'logisch' wie möglich ...
Der Bruder Yavuz schreibt (vermutlich bewusst-provokant): "Da als eine Eigenschaft der Ur-Ursache die "Ewigkeit" genannt wurde, stellt sich die Frage, ob denn die Zeit "neben" Gott eine Existenz ist? Denn wenn die Ur-Ursache alle Zeiten existiert hat und existiert, dann existiert auch die Zeit ewig. Wie ist das zu verstehen? Ist Gott eine Art Zweieinigkeit aus sich und der Zeit?"
Sollten wir nicht die (lineare) 'Zeit', bzw. den Eindruck, dass es eine solche 'gibt', schlichtweg als bloßes Ergebnis einer beschränkten menschlichen Wahrnehmung betrachten, die nicht fähig ist, alle Kausalitätsverhältnisse des Kosmos auf einen Blick zu durchschauen? Die 'Ewigkeit' wäre dann gerade das Erfassthaben ALLER Verhältnisse, wodurch dann 'Zeit' nur noch eine einzige von prinzipiell beliebig vielen geometrischen Dimensionen ist, welche die Zusammenhänge der Welt(en) für das Menschenbewusstsein 'sortieren'. Alle 'Dynamik' in unserer naiven Wahrnehmung ließe sich dann damit erklären, dass wir eben die Dimension der Zeit im Unterschied zu den drei naiven Raumdimensionen grundsätzlich NUR in eine bestimmte 'Richtung' begehen können, während uns im Raum diesbezüglich nur durch unsere Körperlichkeit ('Schwerkraft' etc.) Grenzen gesetzt sind.
Würde man den Eindruck einer erbarmungslos fortschreitenden 'linearen Zeit' als Individuum überwinden, entfielen auch alle weiteren Fragen nach 'Ursachen', weil als die einzige Ursache für 'Alles' (und gleichermaßen für ein abstraktes 'Nichts') nun etwas erschiene, das zwar nicht mehr definierend benennbar ist, das aber mit 'letztgültiges Gesetz aller Welten' auf den ersten Blick noch schwammig umrissen werden kann. Und nur, wer den individuellen Eindruck einer linearen Zeit noch festhält, würde daraufhin fragen: Und was genau ist dann dieses 'letztgültige Gesetz aller Welten'? Die (wohl nur noch wenig vorhandenen) VERSTEHENDEN Freimaurer (als Mysterienbund, nicht als politische Strömung verstanden) beispielsweise würden dann ganz dreist sagen: Dieses 'letzte Gesetz', das ist der 'Luzifer', der Große Baumeister aller Welten - 'er' ist das letzte, über das noch geredet werden kann.
Jedoch über 'Luzifer'/~'Iblis', dem 'Lichtbringer' (der aber eben nicht selbst das Licht IST), steht dann noch die eine allmächtige Gottheit, die sich aller Beschreibung und Erforschung entzieht. Letzteres aber würden die meisten heutigen Freimaurer wohl nicht mehr sagen, weil es ihnen selbst nicht bewusst ist; so verharren diese armen Menschen im Götzendienst, selbst, wenn sie es als 'Kinder der Aufklärung' eigentlich gut meinen mit ihrem Engagement für eine 'rationalistische Spiritualität'.
Wahrhaft religiöse mystische Praxis würde nun aber darauf abzielen, gerade das Verhältnis von 'Lichtbringer' und dem tatsächlichen 'Licht der Welt' selbst erstens individuell zu begreifen in allen Konsequenzen, zweitens dieses Verhältnis in der eigenen menschlichen Wesenheit widergespiegelt zu finden. Aber wie oben schon angemerkt: Ab diesem Punkt muss spätestens auch mit assoziativer Symbolik statt nur mit rational-logischen Überlegungen gearbeitet werden - wenn man diesen Weg denn gehen möchte. Einem JEDEN Gläubigen aber - auch dem also, der 'daheim bleibt' bei sich als 'Ego', sich nicht 'abmüht' mit dem eigenen Selbstsein - einem jeden 'Gläubigen' ist bereits 'das Beste', 'al husnaa' versprochen. Und 'Gläubiger' ist nach diesem Verständnis, wer ...
1. ... die eine allmächtige Gottheit als das einzige letztgültige Gesetz dieser Welt anerkennt - was in der Konsequenz mit sich bringt, dass dem derartig Gläubigen NICHTS in der Welt mehr absolut 'schlecht'/'böse' erscheint, sobald/solange er es im kosmischen Kontext betrachtet. Denn im kosmischen Kontext ist auch die grausamste Barbarei doch ein Ergebnis des 'Willen Gottes' - und nur, weil wir kleinen Menschen den Sinn dabei nicht unmittelbar sehen können aus unserer relativen Perspektive, heißt das nicht, dass der Sinn nicht dennoch da ist.
2. ... anerkennt, dass jedem einzelnen Menschen das grundsätzliche Potential innewohnt, zu vermitteln zwischen 'Gott' und 'den Menschen'. Und wer dieses Potential dann auch noch tatsächlich zu verwirklichen weiß, der wird konsequenterweise als ein 'Gelobter' empfunden. Wobei die Verwirklichung dieses Potentials schon nicht mehr notwendig ist, um als 'Gläubiger' zu gelten - nur die MÖGLICHKEIT der Verwirklichung dieses Potentials muss anerkannt werden.
Hmm, jetzt bin ich doch ein wenig in die mystische Symbolsprache abgeglitten. Im Zweifelsfall ignoriere man bitte ersteinmal die zweite Hälfte dieses Postings :)
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Ehre dem Gott im Himmel und Friede den Menschen, die ihm wohlgesonnen sind!
Janosch