Folgt aus einer kritischen Haltung zum syrischen Assad-Regime, dass man sich eine Analyse der Entwicklung im Irak aus den Fingern saugt und Verbrechen schiitischer Milizen an der dortigen sunnitischen Zivilbevölkerung frei erfindet?
Die Argumentation ist abenteuerlich. Derartige Übergriffe sind undenkbar ("Schiiten sollen Sunniten quälen und foltern?"), abgesehen von vereinzelten Fällen natürlich. Die Berichterstattung über tausende Opfer im Irak trifft nicht zu, weil sie von Amnesty International stammt. Rührt ein entsprechender Bericht aus anderer Quelle, ist dieser ebenfalls gegenstandslos, wenn der Verfasser Assad-kritisch eingestellt ist und sich bisher nicht über den Jemen bzw. Bahrain äußerte. Im Zweifel handelt es sich um False-Flag-Folter...
Ich wäre darauf bedacht, die Diskussion nicht in eine Verhöhnung der Opfer münden zu lassen. Ein authentischer Bezug über die youtube-Perspektive hinaus ist nicht zu ersetzen. Mitwirkung in der Flüchtlingshilfe bietet die Möglichkeit, Betroffene kennenzulernen und die Menschen wissen ihre Peiniger sehr wohl zu benennen. Auch solche Angebote wie Gesprächskreise von Einheimischen und Flüchtlingen gibt es sicher nicht nur in Hamburg (hier: "Sprachbrücke").
Damit ist nicht gemeint, die erste Begegnung zur Zeugenbefragung zu machen, sie kann vielmehr der Beginn einer realistischen Annäherung an das Thema sein. Das oben zitierte, persönlich bekannte Folteropfer z.B. wurde Augenzeuge von Gräueltaten an der Bevölkerung Tikrits nach der Eroberung der Stadt durch schiitische Milizen.
Auf Einzelheiten werde ich hier nicht mehr eingehen und verabschiedete mich ja bereits aus der Diskussion. Die Empfehlung aus #10 möchte ich nochmals unterstreichen. Du hast es selbst in der Hand, wirklichen Zugang zum Geschehen zu erlangen. Bei einem Tatort wie Tikrit handelt es sich ja nicht um eine 40-Seelen-Gemeinde und die Berichte nennen eine Reihe weiterer irakischer Städte, so dass man davon ausgehen kann, auch unter den Flüchtlingen in Berlin Augenzeugen zu treffen.
Mach´s gut, ich trage Dir jedenfalls nichts nach.